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ADJUNGIERTE DISLOKATIONEN

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von VALIE EXPORT

Note: 8

Adjungierte Dislokationen thematisiert die Wahrnehmung von Raum und Perspektiven, die uns im Kino gezeigt werden. Der menschliche Körper (in diesem Fall der der Regisseurin VALIE EXPORT) wird hier, zusammen mit den Kameras, zum Hauptdarsteller.

Körper. Raum.

Film, der menschliche Körper, die Gesellschaft, Feminismus. Dies sind einige der Themen, mit denen sich die Künstlerin und Regisseurin VALIE EXPORT in ihrer langen und produktiven Karriere auseinandergesetzt hat. Sowohl im Rahmen ihrer künstlerischen Performances als auch in den von ihr selbst gedrehten Filmen hat sich die Künstlerin aus Linz oft „amüsiert“, indem sie die Welt, in der wir leben, in all ihren kontroversen Aspekten analysierte und damit Publikum und Kritiker gleichermaßen überraschte und manchmal sogar die österreichische Presse und die Behörden provozierte. Im Hinblick auf ihre Überlegungen zum Film ist hingegen der 1973 entstandene Film Adjungierte Dislokationen, der später auch in einer „vervielfältigten“ Version gezeigt wurde, d.h. im Rahmen von Ausstellungen und Installationen auf mehrere Monitore gleichzeitig projiziert wurde, besonders interessant.

Adjungierte Dislokationen thematisiert daher die Wahrnehmung von Raum und Perspektiven, die uns im Film gezeigt werden. Der menschliche Körper (in diesem Fall der der Regisseurin selbst) wird hier also zusammen mit den Kameras zum Hauptdarsteller. Bei dieser Gelegenheit hat VALIE EXPORT zwei Kameras auf sich platziert, eine vorne und eine auf ihrem Rücken.

Zunächst sehen wir also die Räume eines Hauses. Die Regisseurin bewegt sich im Inneren des Hauses und erkundet sie. Dann schließlich sehen wir die Protagonistin im Freien, zunächst in der Stadt, dann auf dem Lande. Auch hier bewegt sich ihr Körper, um uns die Umgebungen, in denen sie sich befindet, so vollständig wie möglich zu zeigen. Währenddessen filmt ihr Kollege Hermann Hendrich sie bei diesem „Experiment“.

Die eigentliche „Wendung“ von Adjungierte Dislokationen muss jedoch erst noch kommen. Und das geschieht einige Minuten vor dem Ende, wenn die Bilder aller drei Kameras gleichzeitig auf die Leinwand projiziert werden. Alle drei Perspektiven werden uns schließlich gemeinsam gezeigt. Das Objektive und das Subjektive werden also sofort zu den absoluten Protagonisten. Kino hat die Aufgabe, uns die Realität um uns herum zu zeigen. Aber inwieweit können wir uns ein umfassendes und wahrheitsgetreues Bild von ihr machen?

In Adjungierte Dislokationen bringt uns VALIE EXPORT dazu, darüber nachzudenken, wie sich die Realität, die wir wahrnehmen, von Zeit zu Zeit verändern kann, je nachdem, aus welcher Perspektive sie uns gezeigt wird. Der menschliche Körper (und in diesem Fall eben die Figur der Filmemacherin) wird zu einem einfachen Mittel, um uns etwas Größeres zu vermitteln. „Expanded Cinema“ in einer seiner reinsten Formen. Und gerade aus dem erweiterten Kino, dem „Expanded Cinema“, hat VALIE EXPORT eines seiner Arbeitspferde gemacht. Ein Kino, das keine Grenzen oder Regeln kennt, das sich oft nicht auf den Raum der kinematografischen Leinwand beschränkt, sondern uns manchmal auch in der ersten Person mit einbezieht (man denke nur an die sehr berühmte Performance, die in Touch Cinemaaus dem Jahr 1968 dokumentiert ist) und uns reale visuelle und auditive Erfahrungen, die jedes Mal anders sind, je nachdem, was uns umgibt, wie wir sind und wie wir uns fühlen, erleben lässt.

Titel: Adjungierte Dislokationen
Regie: VALIE EXPORT
Land/Jahr: Österreich / 1973
Laufzeit: 10’
Genre: Experimentalfilm
Cast: VALIE EXPORT
Buch: VALIE EXPORT
Kamera: Hermann Hendrich
Produktion: VALIE EXPORT Filmproduktion

Info: Die Seite von Adjungierte Dislokationen auf iMDb; Die Seite von Adjungierte Dislokationen auf der Webseite der sixpackfilm