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COMING ATTRACTIONS

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von Peter Tscherkassky

Note: 8.5

Nicht nur das frühe Kino, sondern auch Werbefilme und natürlich der Avantgardefilm sind die absoluten Protagonisten in Coming Attractions, als Teil einer Reihe von „Experimenten“, die darauf abzielen, alle wichtigen Etappen in der Filmgeschichte zurückzuverfolgen und sie auf ehrfürchtige, aber auch spielerische Weise zu würdigen. Orizzonti-Preis für den Besten Kurzfilm bei den Filmfestspielen von Venedig 2010.

Alle Gesichter des Kinos

Einer der wichtigsten Namen im zeitgenössischen österreichischen (und weltweiten) Avantgardefilm ist zweifelsohne Peter Tscherkassky. Seit vielen Jahren spielt der Regisseur nämlich auf jede mögliche Weise mit dem Medium Film und schenkt uns jedes Mal wahre Meilensteine des Experimentalfilms. Dabei ist eigentlich fast immer das Kino selbst der große Protagonist seiner Filme, das jedes Mal bis ins kleinste Detail analysiert und durch feine Schnitt- und Einblendungsspiele manipuliert wird. So war es auch in dem Film Coming Attractions, der bei den Filmfestspielen von Venedig 2010 mit dem Orizzonti-Preis für den Besten Kurzfilm ausgezeichnet wurde.

Wie der Titel bereits andeutet, bezieht sich Coming Attractions also genau auf das Kino der Attraktionen, d. h. auf die Ursprünge des Kinos selbst, als der Zuschauer noch einfach nur erstaunt war, bewegende Bilder auf der Leinwand zu sehen. Bilder, die den Zuschauer direkt ansprachen und ihn in ein Lichtspiel verwickelten, wurden dank einer experimentierfreudigen Montage, die neue Filmsprachen entdecken wollte, jedes Mal auf eine neue Weise kombiniert.

Daher sind nicht nur das frühe Kino, sondern auch Werbefilme und natürlich der Avantgardefilm die absoluten Protagonisten in Coming Attractions, als Teil einer Reihe von „Experimenten“, die darauf abzielen, alle wichtigen Etappen in der Filmgeschichte zurückzuverfolgen und sie auf ehrfürchtige, aber auch spielerische Weise zu würdigen.

Coming Attractions ist in elf Kapitel unterteilt und besteht aus zahlreichen Ausschnitten, die hauptsächlich aus Werbefilmen und Klassikern der Filmgeschichte stammen. Das negative Bild eines Mannes, der durch den Rückspiegel seines Autos schaut, eröffnet den Kurzfilm. Unmittelbar danach erscheint eine Frau, die ihm aus ihrem Auto zuwinkt. Sie wiederholt ihre Bewegungen fast mechanisch (gerade dank der Montage) und scheint dazu bestimmt zu sein, dies ewig zu tun. Und in der Tat, während man sich Coming Attractions ansieht, werden solche Bewegungen von fast jeder Figur und in jedem Kapitel des Films wiederholt. Gleichzeitig schaffen eine feine Vielfalt von Ansätzen, mal positive, mal negative Bilder, die Löcher im Film, die von Zeit zu Zeit am Rande der Leinwand auftauchen, und Dirk Schäfers Musik etwas völlig Neues. Etwas, das uns im Laufe der kurzen Laufzeit des Films immer wieder überrascht.

Das Kino von Georges Méliès, aber auch von Fernand Léger, von Pier Paolo Pasolini sowie von Birt Acres und Robert W. Paul werden von Peter Tscherkassky mit großer Ehrfurcht beobachtet und aufgearbeitet und zeigen uns zusammen mit Werbeaufnahmen, dass das frühe Kino (das sich direkt an das Publikum wendet und es fast aktiv mit einbezieht) viel mehr mit der Werbung selbst gemeinsam hat, als es zunächst scheint. Und so entpuppt sich Coming Attractions sofort als eine komplexe Überlegung über das filmische Bild und seine Macht in der Gesellschaft, in der wir leben. Universelle Konzepte finden gerade im Kino ihren stärksten Ausdruck. Peter Tscherkassky versteht es, uns dies zu vermitteln. Sein wertvolles kleines Coming Attractions ist eines von vielen Kapiteln zur Filmgeschichte, die er seit vielen Jahren (neu) schreibt.

Titel: Coming Attractions
Regie: Peter Tscherkassky
Land/Jahr: Österreich / 2010
Laufzeit: 25’
Genre: Experimentalfilm
Buch: Peter Tscherkassky
Kamera: Peter Tscherkassky
Produktion: Innovative Film Austria, Land Niederösterreich Kultur, P.O.E.T. Pictures

Info: Die Seite von Coming Attractions auf iMDb; Die Seite von Coming Attractions auf der Webseite von Peter Tscherkassky