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von Adrian Goiginger
Note: 7
Der Fuchs mag auf den ersten Blick einer der vielen (zu vielen?) Filme sein, die eine besondere Freundschaftsbeziehung zwischen Mensch und Tier darstellen. Und wenn man sich solchen Geschichten nähert, ist das Risiko, etwas allzu Rhetorisches zu schaffen, größer denn je. Adrian Goiginger hat es glücklicherweise geschafft, solche Fehler zu vermeiden, indem er sich hauptsächlich auf die Kindheitstraumata des jungen Protagonisten konzentrierte. Auf der Diagonale’23.
Freunde
Der junge Filmemacher Adrian Goiginger hat mit seinem Debütfilm Die Beste aller Welten (2017) sofort große Aufmerksamkeit erregt. In dieser sehr berührenden Geschichte erzählte der Regisseur eine wichtige Episode aus seiner Kindheit, in deren Mittelpunkt die Figur seiner Mutter (gespielt von Verena Altenberger) steht, die damals heroinabhängig war. Und nach einem Spielfilm, der die Erwartungen des Publikums und der Presse nicht sonderlich erfüllte ( Märzengrund, 2021), kehrt er nun in die Kinos (und auf die Diagonale’23) zurück mit Der Fuchs, seinem dritten Film für das Kino, ebenfalls mit einer starken autobiografischen Komponente, die sich speziell um die Figur seines Urgroßvaters Franz Streitberger dreht.
In Der Fuchs beginnt die Geschichte also im Jahr 1927, als Streitberger mit seinen Eltern (Karl Markovics und Karola Niederhuber) und seinen zahlreichen Geschwistern im Pinzgau lebte. Die Eltern sind gezwungen, in extremer Armut zu leben, und beschließen, Franz an einen weitaus wohlhabenderen Bauern (Cornelius Obonya) zu verkaufen, um ihm ein bequemeres Leben zu garantieren. Als Erwachsener beginnt Franz (gespielt von Simon Morzé) als Motorradkurier für die Armee zu arbeiten. Der Zweite Weltkrieg ist inzwischen ausgebrochen. Franz scheint ständig ein Außenseiter zu sein, aber als er ein verwundetes Fuchsjunges trifft, beschließt er, es bei sich aufzunehmen und findet in ihm seinen ersten wahren Freund.
Der Fuchs mag also zunächst wie einer der vielen (zu vielen?) Filme erscheinen, die eine spezielle Freundschaft zwischen Mensch und Tier inszenieren. Und wenn man sich solchen Geschichten nähert, ist das Risiko, etwas zu rhetorisch oder, noch schlimmer, zu kitschig zu machen, größer denn je. Adrian Goiginger hat es glücklicherweise geschafft, solche Fehler zu vermeiden, indem er sich vor allem auf die Kindheitstraumata des jungen Protagonisten, seine Angst davor, wieder verlassen zu werden, und die Parallelen zwischen ihm und dem Fuchsjungen, der ebenfalls allein gelassen wurde, nachdem seine Mutter in eine Falle getappt war, konzentrierte.
Gerade der erste Teil des Spielfilms, in dem wir Franz als Kind im Zusammenleben mit seinen Eltern sehen, bekommt im Laufe des Spielfilms eine immer größere Bedeutung (besonders eindrucksvoll ist in diesem Zusammenhang die Szene, in der ihm sein Vater erklärt, warum er keine Angst vor dem Tod haben muss). Der Fuchs ist also eine Parabel über Freundschaft, die Bedeutung von Liebe und guten Gefühlen mit einem der dramatischsten Kriege im Hintergrund. Adrian Goiginger setzt auf Minimalismus, wählt ein an alte Fotografien erinnerndes 4:3-Format und entscheidet sich für lange Stille und stimmungsvolle offene Räume. Nach Märzengrund stellt Der Fuchs zweifelsohne einen Quantensprung in Goigingers Filmografie dar. Ein Film, der sich oft auf das bezieht, was in Übersee gedreht wurde, der zwar stark auf Emotionalität setzt, aber im Großen und Ganzen gut mit konstanten guten Gefühlen umzugehen weiß, ohne dass diese das Ganze erdrücken.
Titel: Der Fuchs
Regie: Adrian Goiginger
Land/Jahr: Österreich, Deutschland / 2022
Laufzeit: 118’
Genre: Drama
Cast: Simon Morzé, Karl Markovics, Karola Niederhuber, Maximilian Reinwald, Marko Kerezovic, Adriane Gradziel, Cornelius Obonya, Joseph Stoisits, Felix Adams, Joshua Bader, Pit Bukowski, Alexander Beyer, Patrick Simons, Stan Steinbichler, Karola Maria Niederhuber, Jannick Görger
Buch: Adrian Goiginger
Kamera: Yoshi Heimrath, Paul Sprinz
Produktion: Lotus Film, Geißendörfer Pictures, Giganten Film, 2010 Entertainment, Film AG