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von Bianca Gleissinger
Note: 7
27 Storeys erweist sich sofort als ein äußerst intimer und persönlicher Dokumentarfilm, der aber auch objektiv genug ist, um die uns gezeigte Realität beobachten zu können. Der Zuschauer hat völlige Freiheit, seine eigenen Schlüsse zu ziehen. Auf der Diagonale’23.
Realität oder Utopie?
Der Wohnpark Alterlaa im 23. Wiener Gemeindebezirk ist eine Realität, die fast in der Zeit zu schweben scheint. Eine manchmal befremdliche, aber zweifelsohne faszinierende Realität. Eine Realität, die in den 1970er Jahren geschaffen und vom Architekten Harry Glück geplant wurde, um einer großen Anzahl von Bürger:innen ein angenehmes Leben in einem großen Wohnpark mit guter Anbindung an das Stadtzentrum zu ermöglichen. Dies ist also die Realität, in der die Filmemacherin Bianca Gleissinger als Kind lebte und in die sie als Erwachsene zurückkehrte, um ihren Dokumentarfilm 27 Storeys zu drehen, der im Rahmen der Diagonale’23 präsentiert wurde.
In 27 Storeys erfahren wir mehr über den Wohnpark Alterlaa. Einige der Bewohner:innen zeigen uns stolz ihre Wohnungen, erzählen uns von ihrer Vergangenheit und ihren Hobbys. Auf dem Dach eines der Wohnblöcke (von denen viele siebenundzwanzig Stockwerke hoch sind) kann man sich im Schwimmbad entspannen. Und während es immer ein Vergnügen ist, einen sonnigen Tag im Park, der die Gegend umgibt, zu genießen, gibt es für die Freizeitgestaltung immer verschiedene Möglichkeiten, um die eigenen Interessen zu pflegen und an verschiedenen Aktivitäten teilzunehmen, und sogar ein Einkaufszentrum.
Bianca Gleissinger führt uns an der Hand durch diese einzigartige Realität, die sie sowohl mit kritischem Blick als auch mit einer gewissen Nostalgie betrachtet, da sie selbst nach der Scheidung ihrer Eltern von dort wegziehen musste. Eine dynamische und lebhafte Regie – zusammen mit einer überwiegend klassischen Herangehensweise und Erzählstruktur – erwies sich als die richtige Lösung, um uns nicht nur das Leben in der besagten Wohnsiedlung nahe zu bringen, sondern dem Ganzen auch eine persönliche Atmosphäre zu verleihen, da die Regisseurin selbst involviert ist.
In 27 Storeys tritt die Filmemacherin oft vor die Kamera (meisterhaft geführt von Klemens Koscher, der den Preis für die Beste Bildgestaltung in einem Dokumentarfilm auf der Diagonale’23gewann), vertraut sich dem Publikum an, zeigt uns gelegentlich Filmaufnahmen aus ihrer Kindheit und Momente familiärer Fröhlichkeit und lässt die Einheimischen selbst ihre Geschichten erzählen. Leuchtende Farben stehen im Mittelpunkt, wenn wir einige Menschen sehen, die sich am Swimmingpool entspannen oder wenn Bianca Gleissinger selbst eine Art Tanz improvisiert. Farben, die oft an die 1970er Jahre erinnern und bald zu unscharfen Fotografien einer vergangenen Zeit werden.
27 Storeys erweist sich daher sofort als ein äußerst intimer und persönlicher Dokumentarfilm, der aber auch objektiv genug ist, um die uns gezeigte Realität zu betrachten. Hat der Architekt Harry Glück seine Absichten verwirklicht? Ist der Wohnpark Alterlaa wirklich eine Art „irdisches Paradies“, in dem es (scheinbar) nichts anderes braucht, um glücklich zu sein? Der Zuschauer kann seine eigenen Schlüsse ziehen, und dieses wichtige Werk von Bianca Gleissinger bietet sicher viel Stoff zum Nachdenken.
Titel: 27 Storeys
Regie: Bianca Gleissinger
Land/Jahr: Österreich, Deutschland / 2023
Laufzeit: 82’
Genre: Dokumentarfilm
Buch: Bianca Gleissinger
Kamera: Klemens Koscher
Produktion: Mischief Films, Egoli Tossell Films, DFFB, ZDF