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von Chris Raiber
Note: 6
Sterne unter der Stadt leidet zwar unter übertriebener Rhetorik und mangelnder Originalität und verlässt sich zu sehr auf Emotionalität, lässt sich aber zweifellos anschauen und versucht auf seine Weise, tadellos in seiner Ästhetik, sich in der nationalen Filmszene bemerkbar zu machen. Auf der Diagonale’23.
Abseits des Sonnenlichts
Im Wiener Untergrund gibt es eine Welt, von der nur wenige Menschen wissen. Eine Welt, die fast zu einer eigenen Dimension zu gehören scheint, in der Menschen arbeiten, sich treffen, sich kennenlernen und sich verlieben. Das ist die Welt, in der Alexander (gespielt von Thomas Prenn) lebt, der jeden Tag zur Arbeit in eine U-Bahn-Station geht. Von dieser einzigartigen Welt erzählt der Regisseur Chris Raiber in seinem Spielfilm Sterne unter der Stadt, der im Rahmen der Diagonale’23 gezeigt wurde.
Alexander hat also immer bei seiner Großmutter (Margarethe Tiesel) gelebt. Als Kind hat er sich geschworen, sich niemals zu verlieben, denn er will auf keinen Fall dem Beispiel seines Vaters folgen, der nach dem Tod seiner Frau in einen unterirdischen Tunnel gezogen ist, um seiner Geliebten so nahe wie möglich zu sein. Alexanders Versprechen könnte jedoch bald gebrochen werden, als er Caro (Verena Altenberger) kennenlernt, eine junge Frau, die in einem Hutgeschäft in seiner eigenen U-Bahn-Station arbeitet. Welche Richtung wird sein Leben von nun an einschlagen?
Was beim Anschauen von Sterne unter der Stadt sofort auffällt, ist ein Regieansatz, der sehr an das Kino von Wes Anderson oder Jean-Pierre Jeunet erinnert, in dem fast märchenhaft anmutende Atmosphären – inklusive einer Off-Stimme, die die Abenteuer der Protagonist:innen erzählt – eine gewisse Distanz zu den inszenierten Ereignissen wahren, dem Ganzen aber auch eine angenehme Leichtigkeit verleihen. Anderson, Jeunet, aber auch, was bestimmte Wendungen betrifft, Good Bye, Lenin! (Wolfgang Becker, 2003). Die Geschichte von Alexander und Caro ihrerseits entwickelt sich zwar in einer eher vorhersehbaren Weise, wird aber durch ausgesprochen stimmungsvolle Momente bereichert, wie die Szene, in der die beiden Protagonist:innen – als die U-Bahn nun geschlossen ist – zusammen mit einem Wachmann, der mit ihnen arbeitet, einen Film auf einem der Bildschirme entlang des Bahnsteigs ansehen.
Pastellfarbene Bilder und ein fast allgegenwärtiger Soundtrack setzen einen Kontrapunkt zur Dramatik der Ereignisse. Und das funktioniert, auch wenn manche Entscheidungen manchmal etwas zu erzwungen wirken. Verena Altenberger und Thomas Prenn wiederum bringen ihre Figuren lebendig und pulsierend auf die Leinwand, ohne jemals übertrieben oder exzessiv zu wirken, und erweisen sich so – neben anderen wichtigen schauspielerischen Leistungen – als die eigentlichen Highlights in diesem Spielfilm von Chris Raiber. Sterne unter der Stadt leidet zwar unter übertriebener Rhetorik und mangelnder Originalität und verlässt sich zu sehr auf Emotionalität, aber er lässt sich zweifellos anschauen und versucht auf seine Weise, mit einer tadellosen Ästhetik, der nationalen Filmszene seinen Stempel aufzudrücken.
Titel: Sterne unter der Stadt
Regie: Chris Raiber
Land/Jahr: Österreich / 2022
Laufzeit: 100’
Genre: Drama, Liebesfilm
Cast: Verena Altenberger, Thomas Prenn, Margarethe Tiesel, Harald Windisch, Simon Hatzl, Philipp Auer, Selina Graf, Gianna Charles, Matteo Di Sapia, Rina Juniku, Fanny Herzog, Peter Knaack, Erwin Leder, Inge Maux, Eva Mayer, Michael Mendl, Sebastian Rudolph, Holger Schober
Buch: Chris Raiber
Kamera: Mario Minichmayr
Produktion: Interspot Film