die-vermieterin-2023-brauneis-recensione-review-kritik

DIE VERMIETERIN

      Kommentare deaktiviert für DIE VERMIETERIN

This post is also available in: Italiano (Italienisch) English (Englisch)

von Sebastian Brauneis

Note: 7

Mit Die Vermieterin hat Sebastian Brauneis wieder einmal etwas ganz Besonderes geschaffen. Ein Werk, das urkomisch und berührend zugleich ist und in dem es auch – und vor allem – einen wichtigen gesellschaftlichen Diskurs gibt. Auf der Diagonale’23.

Home sweet Home

Da sind Marlene Hauser, Lukas Watzl, Margarethe Tiesel und Michou Friesz. Da ist ein eingespieltes Team von Mitarbeiter:innen, die verrückt nach Filmen sind. Und da sind natürlich die Kunstfertigkeit und die Leidenschaft von Sebastian Brauneis, der seit Jahren Low-Budget-Filme dreht, von denen jeder einzelne besonders bemerkenswert ist, und keine Angst hat, neue Wege zu beschreiten, mit neuen Filmsprachen zu experimentieren, uns völlig ungewöhnliche Geschichten zu schenken, die sich gleichzeitig mit ganz aktuellen und dringenden Themen befassen. Und so sehen wir auch in Die Vermieterin, Brauneis‘ jüngstem Werk, das auf der Diagonale’23 uraufgeführt wurde, wie der Regisseur wieder einmal etwas ganz Eigenes geschaffen hat. Ein Werk, das gleichzeitig urkomisch und berührend ist und in dem es auch – und vor allem – einen wichtigen gesellschaftlichen Diskurs gibt.

Inszeniert wird also die Geschichte von Johanna (gespielt von Marlene Hauser), die am Theater arbeitet und gerade wegen ihres Jobs Schwierigkeiten hat, eine Wohnung zu finden, weil jeder Vermieter die drei „goldenen Regeln“ bei der Mietersuche befolgt („keine künstlerische Tätigkeit, keine Selbstständigkeit, keine Haustiere“). Währenddessen suchen Liliana (Margarethe Tiesel) und Adelheid (Michou Friesz), zwei wohlhabende Frauen, die mehrere möblierte Wohnungen in Wien und Niederösterreich besitzen, nach einer Möglichkeit, mehr Geld zu verdienen und nicht nur von den 3900 Euro ihrer Witwenpension zu leben. Ein junger Immobilienmakler (Lukas Watzl) könnte Liliana dabei helfen. Schade ist nur, dass die beiden ziemlich unehrlich vorgehen wollen und für Johanna, die inzwischen eine Wohnung von Liliana gemietet hat, wird es ausgesprochen schwierig.

Die Vermieterin inszeniert also mit (scheinbarer) Leichtigkeit und Ironie den ewigen Klassenkampf zwischen Bessergestellten und jenen, die jeden Tag darum kämpfen müssen, überhaupt die Miete bezahlen zu können. Der Immobilienmarkt wird hier als gnadenlose Realität dargestellt, die wenig Rücksicht auf den Menschen nimmt. Johanna ihrerseits kämpft. Sie kämpft, wenn sie sich mit der Beziehung zu ihrem Ex-Freund auseinandersetzen muss, sie kämpft, wenn selbst ihre beste Freundin ihre Bedürfnisse nicht zu verstehen scheint, sie kämpft, wenn sie ohne Job dasteht und von vorne beginnen muss. Die Widerstandsfähigkeit derjenigen, die nichts im Leben haben, gegenüber denen, die immer mehr wollen, wird hier in den Vordergrund gestellt. Und wieder einmal zeigt sich, dass das Kino von Sebastian Brauneis denjenigen nahe steht, die jeden Tag mit Engagement und Leidenschaft für die Verwirklichung ihrer Träume kämpfen.

Eine geschickte und mutige Regie ist das erste, was einem beim Anschauen von Die Vermieterin auffällt. Während Johanna in ihren Gedanken versunken ist, spricht sie das Publikum plötzlich direkt an. Und während das Lied eines Arbeiters, der die Fassade des Gebäudes, in dem die Protagonistin wohnt, renovieren muss, sofort an Italien denken lässt und willkommene gute Laune vermittelt, machen sporadische Animationseinlagen alles noch lebendiger und dynamischer. Sebastian Brauneis scheut sich nicht, mutige Entscheidungen zu treffen, und mit Die Vermieterin ist ihm ein äußerst intelligenter Spielfilm gelungen, der frisch wie eine Frühlingsbrise ist. Es bleibt immer Zeit, über die Probleme des Alltags nachzudenken. In der Zwischenzeit kann ein Konzert von Voodoo Jürgens den Abend sicher aufheitern.

Titel: Die Vermieterin
Regie: Sebastian Brauneis
Land/Jahr: Österreich / 2023
Laufzeit: 102’
Genre: Filmkomödie, Drama, Kriminalfilm
Cast: Marlene Hauser, Margarethe Tiesel, Lukas Watzl, Michou Friesz
Buch: Sebastian Brauneis, Helmut Emersberger
Kamera: Sebastian Brauneis
Produktion: Studio Brauneis

Info: Die Seite von Die Vermieterin auf der Webseite der Diagonale; Die Seite von Die Vermieterin auf iMDb