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von Joerg Burger
Note: 7.5
In Archiv der Zukunft, ein fast kontemplativer Erzählungsprozess, Bilder mit einer magnetischen Wirkung und eine Regie ohne exzessive Virtuosität bieten uns einen virtuellen Rundgang durch eines der berühmtesten Museen Wiens und geben uns vor allem die wertvolle Gelegenheit, „hinter die Kulissen“ zu blicken. Auf der Diagonale’23.
Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft
Viele wissen, dass sich in Wien, an der Ringstraße, zwei der bedeutendsten Museen der Welt befinden. Zwei imposante und majestätische Gebäude, zwischen denen, inmitten eines kleinen Parks, das Maria-Theresien-Denkmal steht. Es handelt sich um das Kunsthistorische Museum und das Naturhistorische Museum, die seit jeher zu den wichtigsten Orten gehören, um die schöne österreichische Hauptstadt besser kennen zu lernen. Könnte das Kino also gleichgültig gegenüber solch wertvollen Realitäten bleiben? Ganz und gar nicht. Und tatsächlich hat Regisseur Johannes Holzhausen 2014 den Dokumentarfilm Das große Museum gedreht, der sich genau auf das Kunsthistorische Museum und die verschiedenen Prozesse der Aufwertung und Erhaltung der dortigen Kunstwerke konzentriert. Bei dieser Gelegenheit nahm Jörg Burger als Kameramann an dem Projekt teil. Er war es auch, der fast zehn Jahre später die Arbeit in gewisser Weise „vollenden“ wollte, indem er sich dem Naturhistorischen Museum widmete. So entstand der Dokumentarfilm Archiv der Zukunft, der im Rahmen des Programms der Diagonale’23 präsentiert wurde.
Archiv der Zukunft zeigt uns also aus nächster Nähe die Arbeit, die jeden Tag in dem oben erwähnten Museum stattfindet. Vitrinen voller Insekten und bunter Schmetterlinge wirken fast wie eine abstrakte Komposition. Viele kleine Vögel warten darauf, katalogisiert zu werden. Und während ein Löwe präpariert werden muss, bevor er ausgestellt werden kann, scheint es eher schwierig zu sein, einen geeigneten Platz für eine Giraffe oder ein Dinosaurierskelett zu finden. Im Naturhistorischen Museum beginnt die Arbeit schon sehr früh am Morgen und dauert bis in den Abend hinein. Zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie ein älteres Ehepaar, das freiwillig mitarbeitet, setzen sich dafür ein, dass wichtige Zeugnisse der Vergangenheit auch in Zukunft erhalten bleiben.
Die Kamera von Joerg Burger zeigt uns still und leise all diese Prozesse. Und als wir sehen, wie einige der Tiere ausgestopft werden und jeder der Mitarbeiter:innen vor der Kamera erzählt, worin seine Aufgabe besteht, wird uns bewusst, wie komplex jeder einzelne Prozess ist, um den Besucher:innen das Erlebnis im Museum so umfassend wie möglich zu machen. In Archiv der Zukunft mangelt es jedoch nicht an weitaus komplexeren Überlegungen, insbesondere zu heiklen moralischen Fragen und dazu, dass bestimmte Praktiken – vor allem Safaris – für die Tiere äußerst gefährlich sind. Und so denken wir sofort an den Dokumentarfilm Safari von Ulrich Seidl aus dem Jahr 2014 zurück, in dem der Regisseur diejenigen, die bestimmte Praktiken ausüben, gnadenlos anprangert.
In Archiv der Zukunft ist Joerg Burger weniger brutal als sein Kollege, dennoch vermittelt er uns ein vollständiges Bild der Situation und lässt dem Zuschauer völlige Freiheit, seine eigenen Schlüsse zu ziehen. Ein fast kontemplativer Erzählstil, Bilder mit magnetischem Charme und eine Regie ohne exzessive Virtuosität tun ihr Übriges, um uns einen virtuellen Rundgang durch eines der berühmtesten Museen Wiens zu ermöglichen und uns vor allem die wertvolle Gelegenheit zu geben, „hinter die Kulissen zu blicken“.
Titel: Archiv der Zukunft
Regie: Joerg Burger
Land/Jahr: Österreich / 2023
Laufzeit: 92’
Genre: Dokumentarfilm
Buch: Joerg Burger
Kamera: Joerg Burger
Produktion: Navigator Film