This post is also available in:
Italiano (Italienisch)
English (Englisch)
von Franziska Pflaum
Note: 6.5
Mit Mermaids don’t cry hat die Regisseurin Franziska Pflaum eine Art zartes und symbolisches zeitgenössisches Märchen geschaffen, in dem eine magnetische Protagonistin eine Art postmoderne Heldin auf ihrem (oft schwierigen) Weg zu einem neuen Selbstbewusstsein darstellt. Auf der Diagonale’23.
Ein „teurer“ Traum
Eine Meerjungfrau werden. Oder zumindest wie eine aussehen. Wer hat als Kind nicht schon einmal einen solchen Traum gehabt? Für die junge Kassiererin Annika (gespielt von Stefanie Reinsperger) scheint ein solcher Traum jedoch nie gestorben zu sein. Wohin wird er sie führen? Die Regisseurin Franziska Pflaum hat in ihrem Spielfilmdebüt Mermaids don’t cry, das im Rahmen der Diagonale’23gezeigt wurde, all dies zu einer Art zartem und symbolischem zeitgenössischen Märchen inszeniert, in dem eine magnetische Protagonistin eine Art postmoderne Heldin auf ihrem (oft schwierigen) Weg zu einem neuen Selbstbewusstsein darstellt.
Annika durchlebt also einen ziemlich heiklen Moment: Ihr Vater (ein großartiger Karl Fischer) gibt vor, behindert zu sein, um eine Rente zu bekommen, und ist inzwischen in ihr Haus eingezogen. Ihre beste Freundin Karo (Julia Franz Richter) hingegen geht weiterhin mit mehreren Männern aus und bittet sie ständig, sich um ihre Kinder zu kümmern. Und schließlich droht Annika durch den Stellenabbau ihren Job zu verlieren. Nur der Traum, sich ein Meerjungfrauenkostüm kaufen zu können, scheint ihr einen Grund zu geben, den Alltag zu überstehen. Das Problem ist jedoch, dass ein solches Kostüm ziemlich teuer ist und ihr Traum daher nur schwer zu verwirklichen ist.
Pastellfarben, eine fast märchenhafte Atmosphäre, das Drama der Protagonistin neben paradoxen Situationen, die dem Ganzen eine angenehm leichte Stimmung verleihen. Mermaids don’t cry ist eigentlich ein viel realistischerer Spielfilm, als es anfänglich scheinen mag. Traum und Wirklichkeit treffen immer wieder aufeinander, mal in den Träumen der Protagonistin, mal an Abenden, an denen sie vom Dach eines Gebäudes aus die Sterne beobachtet. Eine insgesamt gute Regie sorgt für gelegentliche Ausflüge ins Oneirische und Surreale und schafft es, bei aller Naivität, die komplexe Innenwelt der jungen Protagonistin auf die Leinwand zu bringen.
Annika hat keine Angst zu kämpfen, um ihre Träume zu verwirklichen. Und wenn selbst diejenigen, die sie lieben, nicht zögern, ihr Vertrauen zu missbrauchen, ist sie bereit, sich gegen alles und jeden zu stellen. Niemand scheint ihre Gefühle und Bedürfnisse wirklich zu verstehen. Und gerade in Mermaids don’t cry sehen wir, wie die Frau langsam begreift, dass nur sie ihr Schicksal ändern kann.
Franziska Pflaum ihrerseits hat es geschafft, die richtige Mischung aus Dramatik und leichtem Humor zu finden, ohne sich zu scheuen, es zu übertreiben. Und auch wenn das Ende ein wenig zu überhastet und etwas gezwungen wirkt, so ist ihr Mermaids don’t cry doch ein angenehmer Einblick in die Welt einer jungen Frau, mit der wir uns alle auf die eine oder andere Weise leicht identifizieren können. Eine zarte Hymne an das Leben, angenehm wie eine frische Frühlingsbrise.
Titel: Mermaids don’t cry
Regie: Franziska Pflaum
Land/Jahr: Österreich / 2022
Laufzeit: 92’
Genre: Drama,Coming-of-age
Cast: Stefanie Reinsperger, Julia Franz Richter, Karl Fischer, Nico Ehrenteit, Inga Busch, Johanna Kottulinsky, Jonas Gerzabek, Christoph Radakovits, Lisa-Lena Tritscher, Alexander E. Fennon, Gerti Drassl, Adem Karaduman, Gerda Drabek, Nancy Mensah-Offei, Dominik Warta, Johann Bednar, Ilse Spieler, Johannes David Schwarzmann, Duygu Arslan, Emen Heinreich, Thomas Mraz, Georg Prader, Günter Schneider
Buch: Franziska Pflaum, Christiane Kalss
Kamera: Robert Oberrainer
Produktion: Prisma Film