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PENISSIMO

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von Gabi Schweiger

Note: 7

Penissimo ist ein heiterer und lustiger, aber auch besonders bedeutungsvoller Dokumentarfilm. Interviews, Fotografien von Kunstwerken, aber auch Ausschnitte aus den ersten erotischen Filmen, die bereits in der Stummfilmzeit gedreht wurden, ergeben ein lebendiges und farbenfrohes Fresko über „eine der beiden Hälften, aus denen die Welt besteht“.

Die Männerwelt entdecken

Die vielseitige Gabi Schweiger ist eine ausgesprochen unkonventionelle Filmemacherin, die sich nicht scheut, Themen anzusprechen, die als „Tabu“ gelten. Nachdem die Steyrer Regisseurin für ihre Fernsehdokumentation Viva la Vulva (2019) mit dem Franz-Grabner-Preis 2020 ausgezeichnet wurde, widmet sie sich nun dem männlichen Universum und produziert 2020 eine weitere interessante Fernsehdokumentation: Penissimo, produziert von der Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion. In Penissimonimmt uns der Regisseur mit auf eine lange Reise zwischen Vergangenheit und Gegenwart und rund um die Welt, um die männlichen Geschlechtsorgane zu entdecken und zu erfahren, wie sie in der Gesellschaft, in der wir leben, konzipiert und betrachtet werden, auch im Hinblick auf die Traditionen und Bräuche, die uns überliefert wurden.

Mehrere Männer werden nacheinander interviewt. Jeder von ihnen antwortet mit einem einfachen Satz, je nachdem, welche Frage ihnen gestellt wird. „Welche Beziehung haben Sie zu Ihrem Penis?“, „Was bedeutet Ihr Penis für Sie?“, „Was halten Sie von so genannten Alpha-Männern?“. Ein leichter und ironischer Ton ist das erste Merkmal, das einem ins Auge springt. Doch in Penissimo sind die Themen auch sehr ernst und aktuell. Auf einer langen Reise durch die Jahrhunderte sehen wir, wie das männliche Geschlechtsorgan seit jeher als gutes Omen für die Fruchtbarkeit dargestellt wurde.

Gleichzeitig sehen wir auch, wie sich dessen Vorstellung seit den Anfängen der Pornografie (zur Zeit der italienischen Renaissance) verändert hat, sei es in Bezug auf die ersten Darstellungen sexueller Handlungen oder sogar auf die Entstehung der Fotografie oder der ersten erotischen Filme. Gleichzeitig helfen uns eine Reihe von Journalisten, Soziologen und Psychologen, besser zu verstehen, wie all dies die kollektive Fantasie beeinflusst. Und hier kommen zahlreiche andere Themen zur Sprache, wie zum Beispiel die Beschneidungspraxis oder auch der Feminismus.

Gabi Schweiger zeigt uns all dies in einem Dokumentarfilm, der heiter und leichtfüßig, aber auch besonders bedeutungsvoll ist. Interviews, Fotografien von Kunstwerken, die riesige, bunte Penisse darstellen, aber auch Ausschnitte aus den ersten Erotikfilmen, die bereits in der Stummfilmzeit gedreht wurden, machen Penissimo zu einem lebendigen und farbenfrohen Fresko der „einen der beiden Hälften der Welt“. Ein direkter Regieansatz zusammen mit einem agilen und dynamischen Schnitt sind der richtige Weg, dies zu inszenieren. Die Regisseurin will das Publikum nicht nur unterhalten, sondern es auch zum Nachdenken über bestimmte Verhaltensweisen und Überzeugungen anregen. Penissimo erweist sich daher, ähnlich wie Viva la Vulva, als äußerst intelligenter und wichtiger Dokumentarfilm, um gefährlichen Klischees zu vermeiden, und um zu verhindern, dass eine „gleichgültige“ Haltung gegenüber bestimmten Themen zu einem potenziell „gefährlichen“ Verhalten führen kann. Ein insgesamt gut gemachtes Werk, das trotz der Tatsache, dass es für das Fernsehen gemacht wurde, auch eine eigene, ausgeprägte Persönlichkeit aufweist.

Titel: Penissimo
Regie: Gabi Schweiger
Land/Jahr: Österreich / 2020
Laufzeit: 52’
Genre: Dokumentarfilm
Buch: Michael Seeber
Kamera: Sebastian Arlamovsky
Produktion: Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion, Arte, ORF

Info: Die Seite von Penissimo auf iMDb; Die Seite von Penissimo auf der Webseite der Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion; Die Webseite von Gabi Schweiger