cinema-proletario-austriaco-i-primi-film-di-finzione-storia-cinema-austriaco

DAS ÖSTERREICHISCHE PROLETARISCHE KINO – DIE ERSTEN SPIELFILME

This post is also available in: Italiano (Italienisch) English (Englisch)

Im Laufe von nur zwei Jahren wurde das Bewusstsein der Menschen für ihre Identität und ihre Rechte gestärkt. Welches Medium wäre also besser geeignet als Kino, um ihnen endlich eine Stimme zu geben? In diesem Sinne spielte das österreichische proletarische Kino also eine zentrale Rolle.

Neue Möglichkeiten

Als wir begonnen haben, über das österreichische proletarische Kino zu sprechen, haben wir gesehen, wie es bereits in den frühen 1910er Jahren geboren wurde, als die ersten Wochenschauen gedreht wurden und als wir anlässlich der Begräbnisfeiern von Persönlichkeiten wie Karl Lueger – Bürgermeister von Wien – und Franz Schuhmeier – der so viel für die unteren Klassen getan hatte – bemerkt haben, wie das Volk in bestimmte Ereignisse involviert war und wie es schließlich begann, seine Präsenz und Bedeutung vor der Kamera zu zeigen. Dies wurde einige Jahre später noch deutlicher, als das fiktionale Kino begann, das dokumentarische Kino abzulösen.

Als frühe, wichtige Vertreter des österreichischen proletarischen Kinos sind daher zwei Spielfilme besonders erwähnenswert: Der Kampf der Gewalten – Ein Drama der Arbeit, produziert von Herold Film 1919, und Alle Räder stehen still, gedreht von Franz Höbling 1921.

Interessant ist, wie sich in den beiden Spielfilmen, die innerhalb von nur zwei Jahren entstanden sind, die Herangehensweise an die Arbeiteraufstände ändert. In Der Kampf der Gewalten, zum Beispiel, wird die Arbeiterrevolte noch mit einer gewissen Zurückhaltung betrachtet. In der inszenierten Geschichte geht es also um eine Frau, die genau wie ihre Kolleg:innen unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen, denen alle in einer Fabrik ausgesetzt sind, ist. Es liegt also an ihr, einen Aufstand zu starten, in dessen Verlauf die Arbeiter:innen endlich die Kontrolle über die Fabrik übernehmen und entscheiden, wie sie ihre Arbeit gestalten wollen. Zunächst scheint alles gut zu laufen, doch keiner von ihnen weiß wirklich, wie man eine Fabrik führt. Es dauert nämlich nicht lange, bis die ersten Probleme auftauchen: Niemand weiß wirklich, wie er sich mit dem Zeitplan arrangieren soll, und viele Fristen werden nicht eingehalten. Es wird an einem der Chefs liegen, die Führung wieder zu übernehmen und die Ordnung wiederherzustellen, gleichzeitig aber auch zu versuchen, optimale Arbeitsbedingungen zu gewährleisten und die Rechte der Arbeiter:innen zu schützen.

Wenn wir also in Der Kampf der Gewalten bemerken, wie die Kämpfe der Arbeiter:innen noch mit einer gewissen Zurückhaltung beobachtet werden, so ändert sich das nur zwei Jahre später, als Alle Räder stehen still entstand. In diesem Fall geht es um die junge Herta, die Tochter eines Fabrikbesitzers, die sich in den Arbeiter Karas verliebt. Die Ereignisse spielen in einem Zeitraum von 1901 bis 1921. Letzterer wird jedoch, nachdem er einige Arbeiteraufstände organisiert hat, gezwungen, unterzutauchen. Um sich mit seiner Herta zu treffen, wird er entdeckt, verhaftet und nach einem Fluchtversuch von der Polizei getötet. Zwanzig Jahre vergehen, und in der Zwischenzeit hat Herta geheiratet. Jetzt gehört die Fabrik, die einst ihrem Vater gehörte, ihrem Mann. Eines Tages wird Heinz, ein junger Ingenieur, in der Fabrik angestellt. Unterdessen rebellieren die Arbeiter:innen wegen der Arbeitsbedingungen und organisieren einen Streik. Heinz, der nicht weiß, dass er der Sohn von Herta und dem verstorbenen Karas ist, steht auf der Seite der Arbeiter:innen. Schließlich wird ein Kompromiss erzielt, Heinz erfährt von seiner Herkunft und wird Leiter der Fabrik. Auf jeden von ihnen wartet eine bessere Zukunft.

Im Laufe von nur zwei Jahren hat sich also die Herangehensweise an ein so komplexes Thema deutlich verändert. Die Menschen begannen, sich ihrer Identität und ihrer Rechte bewusster zu werden. Welches Medium wäre also besser geeignet als das Kino, um ihnen endlich eine Stimme zu geben? In diesem Sinne spielte das österreichische proletarische Kino zwischen den 1910er und 1920er Jahren eine zentrale Rolle. Jeder konnte sich vor der Kamera zu Wort melden. Die österreichisch-ungarische Monarchie existierte nicht mehr. Die Dinge sollten sich für immer ändern. Das Kino hat all dies getreu dokumentiert.

Bibliographie: Das tägliche Brennen: eine Geschichte des österreichischen Films von den Anfängen bis 1945, Elisabeth Büttner, Christian Dewald, Residenz Verlag
Info: Die Seite von Der Kampf der Gewalten – Ein Drama der Arbeit auf film.at; Die Seite von Alle Räder stehen still auf iMDb