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von Virgil Widrich
Note: 7.5
Vienna Table Trip präsentiert sich uns fast wie ein zeitloses Märchen, wie eine kleine Realität, in der sich Vergangenheit und Gegenwart treffen und etwas Einzigartiges schaffen. Gleichzeitig begleitet uns zarte, minimalistische Musik auf der „Reise“. Virgil Widrich, ein Meister des Animationsfilms, hat wieder einmal ein kleines Juwel des österreichischen Avantgarde-Films geschaffen.
Eine Reise nach Wien
Die Wiener Kaffeehäuser gehören seit Oktober 2011 zum UNESCO-Welterbe. Eines der vielen Symbole der schönen österreichischen Hauptstadt. Und doch hat Wien noch viel zu erzählen. Kann man seine Geschichte denn überhaupt entdecken, indem man einfach an einem Kaffeetisch sitzt? Der berühmte Filmemacher Virgil Widrich versuchte, diese Frage zu beantworten, indem er 2016 im Auftrag der Internationalen Strategie und Koordination der Stadt Wien den Kurzfilm Vienna Table Trip drehte.
Vienna Table Trip ist also eine kurze, aber umfassende Entdeckungsreise durch Wien, seine Geschichte und seine Traditionen. Gibt es eine bessere Gelegenheit, eine solche Reise in einem dieser renommierten Cafés zu beginnen? Teller, Gläser, aber auch bunte Tischdecken und Kaffeetassen werden sofort zur idealen Kulisse, um Bilder aus dem Stadtleben, aus eleganten Ballsälen oder von Sportplätzen zu zeigen. Ebenso werden kleine, farbenfrohe Zeichnungen von Straßenbahnen, Straßen, Parks und sogar Gustav Klimts berühmter „Der Kuss“ auf der großen Leinwand zum Leben erweckt.
Virgil Widrich und sein Team haben in nur fünf Tagen 55.000 Filme und Fotos für diesen Anlass realisiert. Noch aufwändiger und mühsamer war es, all diese Filme und Bilder zu einem knapp eineinhalbminütigen Kurzfilm zu schneiden und zu verarbeiten. Eine feine Stop-Motion-Animation erwies sich als die richtige Lösung, um die enorme Menge an Material, die Virgil Widrich zur Verfügung stand, zu verarbeiten und dem Kurzfilm die richtige Lebendigkeit und auch einen willkommenen Retro-Touch zu verleihen.
Ja, denn tatsächlich präsentiert sich uns Vienna Table Trip fast wie ein zeitloses Märchen, wie eine kleine Realität, in der Vergangenheit und Gegenwart aufeinandertreffen und etwas Einzigartiges schaffen. Die Vergangenheit und die Gegenwart Wiens werden in sehr kurzer Zeit gut dargestellt. In der Zwischenzeit begleitet uns zarte minimalistische Musik auf der „Reise“. Virgil Widrich, Meister des Animationsfilms, hat wieder einmal ein kleines Juwel des zeitgenössischen österreichischen Avantgarde-Films geschaffen.
Der Regisseur ist es gewohnt, mit Bildern von der Gesellschaft, in der wir leben, zu erzählen und davon, wie sie sich durch das Aufkommen neuer Technologien und neuer Medien verändert (wie zum Beispiel im Kultfilm Copy Shop aus dem Jahr 2001), oder eine aufrichtige Hommage an die Filmgeschichte zu machen (in Fast Film aus dem Jahr 2003 oder in Make/Real aus dem Jahr 2010, um nur einige Beispiele zu nennen). Farbenfroh, lustig, aber auch poetisch und irgendwie kontemplativ, braucht Vienna Table Trip nichts anderes, um die Essenz von Wien vollständig wiederzugeben. Dank Widrichs Meisterschaft wirkt die österreichische Hauptstadt lebendiger denn je.
Titel: Vienna Table Trip
Regie: Virgil Widrich
Land/Jahr: Österreich / 2016
Laufzeit: 1’ 22“
Genre: Animationsfilm, Experimentalfilm
Buch: Virgil Widrich
Kamera: Virgil Widrich
Produktion: Virgil Widrich Filmproduktion