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von Christiana Perschon
Note: 7.5
Bildwerden zeigt uns, wie sich alles im Laufe der Zeit verändert. Bildwerden ist Kunst, Schönheit, Harmonie. Eine wahre Liebeserklärung an die Kunstwelt, aber auch eine Feier des Schaffensprozesses selbst. Eine aufrichtige und leidenschaftliche Hommage an Isolde Maria Joham und ihre lebendigen und farbenfrohen Werke. Auf der Viennale 2022.
Isoldes Farben
Wenn wir alt werden, können wir nicht mehr die gleichen Gesten ausführen, die wir früher ganz natürlich gemacht haben. Auch wenn es darum geht, ein Kunstwerk zu schaffen. Doch der Lauf der Zeit bedeutet nicht immer, dass es unmöglich ist, etwas Wertvolles zu schaffen, etwas, das dazu bestimmt ist, die Zeit zu überdauern, etwas, das uns in einer neuen, unerwarteten Form auch nur ein paar Momente reiner Schönheit schenken kann. Die Regisseurin Christiana Perschon weiß davon ein Lied zu singen: In ihrem Kurzfilm Bildwerden, der anlässlich der Viennale 2022 in Österreich uraufgeführt wurde, hat sie gezeigt, wie ein Kunstwerk entstehen kann, auch wenn man nicht mehr die Kraft hat, es zum Leben zu erwecken.
Die österreichische Malerin Isolde Maria Joham, die am 9. Oktober 2022 im Alter von 90 Jahren verstarb, malte zu Lebzeiten zahlreiche, farbenfrohe Bilder, viele davon großformatig. Aus diesem Grund gab es in ihrem Atelier ein Metallpodest, das es ihr ermöglichte, auch die schwierigsten Stellen auf der Leinwand zu erreichen. Im Alter von neunzig Jahren hatte sie daher nicht mehr die Beweglichkeit, die sie einst hatte, und es war ihr praktisch unmöglich, zu malen. Was war also zu tun? Ganz einfach: Es war an der Zeit, nicht nur ein, sondern viele neue Kunstwerke zu schaffen, in denen die Malerin selbst die absolute Protagonistin ist.
Das Metallpodest ist sehr schwer. Isolde müht sich ab, es zu bewegen. Langsam steigt sie die Stufen hinauf und stellt sich vor eines ihrer Bilder. Dann vor einem anderen und einem weiteren. In Bildwerden werden viele neue Gemälde dank der charismatischen Präsenz von Isolde Joham und dem Blick von Christiana Perschon auf der Leinwand zum Leben erweckt. Der Schaffensprozess eines Kunstwerks wird von ihrer Kamera durch ein paar einfache Aufnahmen unmittelbar aufgewertet. Die Kamera ist ständig starr. Man braucht keinen Filter, um zu sehen, was vor ihr passiert.
Bildwerden zeigt uns, wie sich alles im Laufe der Zeit verändert. Bildwerden ist Kunst, Schönheit, Harmonie. Eine wahre Liebeserklärung an die Kunstwelt, aber auch eine Feier des Schaffensprozesses selbst. Eine aufrichtige und leidenschaftliche Hommage an Isolde Maria Joham und ihre lebendigen und farbenfrohen Werke. Einmal mehr hat Christiana Perschon ihr Augenmerk auf bedeutende Künstlerinnen der Vergangenheit gerichtet, die auch in der Gegenwart ihren Alltag dem Schaffen von Kunstwerken widmen. Und so werden wir sofort an den Kurzfilm Sekundenarbeiten (2021) erinnert, in dem wir die Arbeit der Künstlerin Liselott Berschorner gezeigt bekamen und der auch auf der Viennale präsentiert wurde.
Obwohl sich die beiden Werke in ihrer visuellen Wirkung und in ihrem Stil stark unterscheiden (auf Film gedreht und ganz in schwarz-weiß Sekundenarbeiten, bunt und viel essentieller Bildwerden), sollen sie uns im Wesentlichen zwei Realitäten zeigen, die viel mehr gemeinsam haben, als es auf den ersten Blick scheinen mag, und in ihrer feinen Einfachheit die beiden wichtigen Künstlerinnen definitiv unsterblich machen.
Titel: Bildwerden
Regie: Christiana Perschon
Land/Jahr: Österreich / 2022
Laufzeit: 10’
Genre: Dokumentarfilm
Buch: Christiana Perschon
Kamera: Christiana Perschon
Produktion: Christiana Perschon