This post is also available in:
Italiano (Italienisch)
English (Englisch)
von Michaela Taschek
Note: 7
Doppelgänger ist ein herzlicher Abschiedsbrief an jemanden, der nicht mehr unter uns weilt. Ein äußerst intimer und persönlicher Dokumentarfilm, der sich auf einen einfachen und direkten, aber auch bis ins kleinste Detail durchdachten Regieansatz stützt. Auf der Viennale 2022, Sektion Österreich real.
Doppelleben
Im Jahr 2014 starb Erich Taschek, der Vater der Regisseurin Michaela Taschek, plötzlich. Die Regisseurin ist jedoch überzeugt, dass er in diesem Moment nicht verstorben ist. Der Mann war wahrscheinlich etwa 20 Jahre zuvor durch einen Doppelgänger ersetzt worden. Diese Theorie ist der Ausgangspunkt für den Kurzdokumentarfilm Doppelgänger, der 2018 gedreht wurde und auf der Viennale 2022 im Rahmen der Retrospektive Österreich real des Filmarchivs Austria erneut dem Publikum vorgestellt wurde.
Was passiert, wenn jemand stirbt? Und vor allem: Was wäre, wenn ein Doppelgänger dieser Person (wenn nicht sogar die Person selbst) noch in der Stadt herumlaufen würde? Michaela Taschek meinte, ihr Vater könne immer noch durch die Straßen der Stadt, in der er lebte, gehen, ohne dass ihn jemand erkennen könne, und die Person, die starb, sei nicht er selbst.
In Doppelgänger wird daher ein aufrichtiges und berührendes Porträt von Erich Taschek geschaffen. Durch alte Familienfilme, Fotografien oder einfache Aufnahmen aus dem Haus ihrer Eltern verarbeitet Michaela Taschek ihre Trauer, indem sie sich liebevoll an ihren Vater erinnert und erzählt, wie er als junger Mann lebhaft und immer bereit war, mit Freunden zu feiern, und wie er, nachdem er verheiratet und Vater von zwei Kindern war, immer stiller und wortkarger wurde. Gerade aus diesen beiden „Versionen“ von Erich Taschek ergibt sich also die Theorie, dass es sich tatsächlich um zwei verschiedene Personen handelt. Und in Doppelgänger wird uns diese ungewöhnliche, zarte Geschichte auf eine ganz intime und subjektive Weise erzählt.
Die Stimme der Regisseurin erzählt uns, was an dem Tag geschah, an dem ihr Vater starb, und vertraut uns fast die besondere Beziehung an, die sie zu ihm hatte, obwohl sie schon seit Jahren nicht mehr im Haus ihrer Eltern wohnte. Details des Küchentischs, an dem ihre Mutter und ihr Vater gemeinsam frühstückten und die Zeitung lasen. Der Hausflur ihres Hauses. Das Badezimmer, in dem Erich an jenem Juni-Morgen plötzlich starb. Indem sie diesen traurigen Tag Minute für Minute erinnert, geht die Filmemacherin in der Zeit zurück, und ihre Aufnahmen machen Platz für Fotos und Super-8-Filme, die uns ihren Vater zeigen, als er noch Student war, ihre neu verheirateten Eltern und sogar die Filmemacherin selbst als Kind.
Doppelgänger ist ein herzlicher Abschiedsbrief an jemanden, der nicht mehr unter uns weilt. Ein sehr intimer und persönlicher Dokumentarfilm, der sich auf einen einfachen und direkten, aber auch bis ins kleinste Detail durchdachten Regieansatz stützt. Mehr braucht es nicht, um zu vermitteln, was Michaela Taschek ausdrücken wollte. Die auf den Straßen der Stadt gedrehten Szenen zeigen uns viele Menschen, die ihren täglichen Tätigkeiten nachgehen. Was wäre, wenn einer von ihnen wirklich der Vater der Regisseurin wäre, der viele Jahre zuvor ein neues Leben begonnen hat, ohne seine Familie davon in Kenntnis zu setzen? Es ist oft einfach schön, an das Unmögliche glauben zu können.
Titel: Doppelgänger
Regie: Michaela Taschek
Land/Jahr: Österreich / 2018
Laufzeit: 20’
Genre: Dokumentarfilm
Buch: Michaela Taschek
Kamera: Michaela Taschek
Produktion: Michaela Taschek