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GEWESEN SEIN WIRD

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von Sasha Pirker

Note: 8

In Gewesen sein wird werden die Räume mit Respekt beobachtet, jeder Aspekt wird durch einfache Kamerafahrten und Details hervorgehoben. Nostalgie, aber auch eine willkommene Ironie stehen im Mittelpunkt, wenn Lilli Breuer-Guttmann von ihrem Vater, dem Wiener Künstler Heinz Frank, erzählt. Auf der Viennale 2022.

Bei Heinz zu Hause

Die Wohnung des Wiener Künstlers Heinz Frank (1939 – 2020) ist nur 30 Quadratmeter groß. Doch im Inneren kann man die Essenz seiner Werke und seine Persönlichkeit voll und ganz verstehen. Und tatsächlich präsentiert sich der Kurzfilm Gewesen sein wird, der unter der Regie von Sasha Pirker anlässlich der Viennale 2022 in Österreich uraufgeführt wurde, nicht nur als eine herzliche Hommage an Frank, sondern auch als ein einzigartiges Porträt von ihm. Ein intimes und persönliches Porträt, erzählt von seiner eigenen Tochter, Lilli Breuer-Guttmann.

Die rot-weißen Wände der Wohnung von Heinz Frank wirken auf den ersten Blick fast wie abstrakte Bilder. Die Kamera bewegt sich langsam und äußerst ehrfürchtig. Eine Stimme beginnt, uns von diesem einzigartigen Raum zu erzählen: Die Stimme von Franks Tochter, die bald vor der Kameralinse auftaucht und zusammen mit uns eine Art „Reise“ in die Welt ihres Vaters beginnt, uns von seinen Gewohnheiten erzählt, kleine Anekdoten über ihre Beziehung erzählt und uns auch ein großes Notizbuch zeigt, das einige seiner Zeichnungen enthält.

Gewesen sein wird ist also ein ehrliches und liebevolles Porträt von jemandem, der zwar abwesend ist, aber auf der Leinwand mit seiner wichtigen Präsenz zu spüren ist. Ein Brief, der an eine Person gerichtet ist, die nicht mehr unter uns weilt, und der fast wie eine natürliche Weiterentwicklung der Werke wirkt, die der Künstler im Laufe seines Lebens geschaffen hat. Seine Wohnung ist klein, aber sehr gemütlich, funktionell und persönlich. In jeder Ecke kann man sehen, wie der Künstler alles bis ins kleinste Detail durchdacht hat, um auch ein optimales Arbeitsumfeld zu schaffen.

Interessanterweise fühlt sich Sasha Pirker besonders wohl, wenn es darum geht, Räumlichkeiten oder Gebäude zu filmen. Kino und Architektur lassen sich in seinen Filmen immer hervorragend kombinieren, und in der Darstellung von Räumen als abstrakte Figuren sehen wir, wie jedes Element sofort eine Dreidimensionalität erhält. Man denke nur an den Dokumentarfilm The Future will not be capitalist (2010), in dem der von Oscar Niemeyer entworfene Sitz der Kommunistischen Partei in Paris aus der Nähe betrachtet wurde.

In Gewesen sein wird werden die Räume mit dem gleichen Respekt beobachtet, jeder Aspekt wird durch einfache Kamerafahrten und Details hervorgehoben. Nostalgie, aber auch eine willkommene Ironie stehen im Mittelpunkt, wenn Lilli Breuer-Guttmann von ihrem Vater erzählt, wenn sie in ihrem Notizbuch blättert, wenn sie seine Größe an den Wänden misst, die fachmännisch getäfelt sind, bis dahin, wo Heinz Frank tatsächlich groß war. Und am Ende des Films fühlen wir uns der Figur des Protagonisten sofort nahe, auch wenn wir ihn nie gesehen haben.

Eine zweifellos mutige Operation, denn es ist nicht leicht, eine Person, die man auf der Leinwand nie sieht, so lebendig zu machen. Einen ähnlichen Ansatz hatte Gastón Solnicki in seinem Dokumentarfilm Introduzione all’Oscuro (2018), der dem kürzlich verstorbenen Viennale-Leiter Hans Hurch gewidmet war, erfolgreich verfolgt, indem er mit Objekten, Postkarten und Fotografien perfekt darstellte, was Hurch im Leben gewesen war. In Gewesen sein wird lebt der Protagonist durch sein Haus. Und am Ende des Films haben wir fast den Eindruck, dass wir ihn mindestens einmal im Leben getroffen haben.

Titel: Gewesen sein wird
Regie: Sasha Pirker
Land/Jahr: Österreich / 2022
Laufzeit: 17’
Genre: Dokumentarfilm, Experimentalfilm
Cast: Lilli Breuer-Guttmann
Buch: Sasha Pirker
Kamera: Ortrun Bauer
Produktion: Sasha Pirker

Info: Die Seite von Gewesen sein wird auf der Webseite der Viennale; Die Seite von Gewesen sein wird auf der Webseite von Sasha Pirker; Die Seite von Gewesen sein wird auf der Webseite der sixpackfilm