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von Constantin Wulff
Note: 7
In Ulrich Seidl und die bösen Buben lässt uns Constantin Wulff „hinter die Kulissen“ blicken, um einen der umstrittensten und beliebtesten Filmemacher Österreichs besser kennenzulernen, um seine Arbeitsweise sowohl am Filmset als auch auf der Bühne vollständig zu verstehen.
Was wir (nicht) sehen
2014 präsentierte der preisgekrönte Regisseur Ulrich Seidl bei den Filmfestspielen von Venedig außer Konkurrenz seinen Dokumentarfilm Im Keller, der die Geheimnisse und seltsamen Angewohnheiten von Bürgern zeigte, die ein scheinbar normales Leben führen, aber in den Kellern ihrer Häuser schließlich ihrem wahren Wesen freien Lauf lassen. Während Seidl also damit beschäftigt war, jeden einzelnen Moment ihres Lebens zu dokumentieren, filmte Regisseur Constantin Wulff, was sein Kollege in der Zwischenzeit tat, um das Wesen seiner Arbeit und seinen besonderen Ansatz zur Welt, in der wir leben, einzufangen. So entstand der Dokumentarfilm Ulrich Seidl und die bösen Buben, eine Hommage an den großartigen Wiener Filmemacher und seine Karriere, aber auch ein notwendiger und spannender Einblick in seine Art, Filme zu machen.
Ulrich Seidl ist in Venedig. Eine Gruppe von Fotografen begrüßt ihn bei der Vorführung von Im Keller. Danach beginnt der Regisseur, seine Geschichte vor der Kamera von Constantin Wulff zu erzählen. In diesem Moment erfahren wir, wie er auf die Idee kam, seinen Dokumentarfilm zu drehen, was die Keller selbst für ihn darstellen und vor allem, was er in jeder Figur, die er trifft, und in jeder ungewöhnlichen, neuen Realität einfängt.
Ulrich Seidl und die bösen Buben bietet daher eine Reihe von Interviews (nicht nur mit Seidl, sondern auch mit seiner Frau – Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin Veronika Franz – und einigen Profi- und Laienschauspielern, die mit ihm gearbeitet haben) sowie Momente der reinen Beobachtung. Für diesen kurzen Dokumentarfilm hat sich Constantin Wulff für einen klassischen Ansatz entschieden, der auf jegliche Virtuosität verzichtet. Diese Herangehensweise unterscheidet sich wesentlich von dem Ansatz, den der Regisseur in seinen Werken, die sich sofort durch einen stark kontemplativen Charakter und eine Kamera, die schweigend und respektvoll das Geschehen vor ihrer Linse beobachtet, auszeichnet, normalerweise verfolgt.
Ulrich Seidl und die bösen Buben erforscht Seidls besondere Sichtweise auf die Gesellschaft, in der wir leben, auf den gefährlichen latenten Faschismus, der im Alltag mancher Familien noch immer lebendig und pulsierend zu sein scheint, aber auch auf die Leidenschaften und Perversionen, die uns allen innewohnen, und nicht zuletzt auf die zentrale Rolle, die die Religion im täglichen Leben spielt. Mit diesem wichtigen Dokumentarfilm ermöglicht Constantin Wulff einen „Blick hinter die Kulissen“, um einen der umstrittensten und beliebtesten Filmemacher Österreichs besser kennenzulernen, um seine Arbeitsweise sowohl am Filmset als auch auf der Bühne vollständig zu verstehen.
Einverstanden: Zweiundfünfzig Minuten reichen nicht aus, um die Welt von Ulrich Seidl wirklich kennen zu lernen. Und doch ist es dem Regisseur mit Ulrich Seidl und die bösen Buben gelungen, das Wesen seines Kinos einzufangen und uns eine spannende Reise in eine Welt, die wir immer wieder gerne beobachten würden, zu schenken.
Titel: Ulrich Seidl und die bösen Buben
Regie: Constantin Wulff
Land/Jahr: Österreich, Deutschland, Schweiz / 2014
Laufzeit: 52’
Genre: Dokumentarfilm
Buch: Constantin Wulff
Kamera: Johannes Hammel
Produktion: Dschoint Ventschr Filmproduktion AG, Gebrueder Beetz Filmproduktion, Navigator Film