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von Lukas Marxt und Jakub Vrba
Note: 7.5
Sehr gepflegt und gut gelegen ist nicht nur eine unterhaltsame Demonstration von Film im Film. Dieser wichtige Kurzfilm von Lukas Marxt und Jakub Vrba behandelt ein viel breiteres Thema mit Ironie und Nonkonformität, und zwar durch eine ungewöhnliche und innovative Inszenierung. Auf der Diagonale’22.
Seltsame Ereignisse
Eine elegante Landvilla. Eine perfekt stabile und zentrierte Aufnahme. Das Zwitschern der Vögel vermittelt uns sofort ein Gefühl der Ruhe. Doch etwas völlig Ungewöhnliches und Unerwartetes wird geschehen. Regisseur Lukas Marxt hat uns schon oft mit Momenten der Ruhe überrascht, die plötzlich durch „fremde“ Anwesenheit gestört werden. Man denke zum Beispiel an den schönen Film Reign of Silence (2013), in dem ein Boot plötzlich konzentrische Kreise auf eine Seeoberfläche zeichnete. Und genau das wollte er im Rahmen der Diagonale’22 tun, wo er zusammen mit dem Regisseur Jakub Vrba in der Reihe Innovatives Kino den experimentellen Kurzfilm Sehr gepflegt und gut gelegen präsentiert hat.
Sehr gepflegt und gut gelegen, besteht also, genau wie in Reign of Silence, aus einer einzigen neunminütigen Kameraeinstellung. Zunächst ist alles ruhig, in der Villa scheint Frieden zu herrschen. Plötzlich sagt die Stimme von Marxt, dass jemand einen Rasenmäher starten soll. Kurz darauf steht Co-Regisseur Jakun Vrba mit einer Klappleiter vor der Kamera. In der Zwischenzeit beauftragt Marxt seinen Vater, kurz auf den Balkon zu gehen. Pyrotechnische Effekte begleiten seinen kurzen Auftritt. Dann kehrt langsam alles zur Normalität zurück. Als ob nichts geschehen wäre.
Sehr gepflegt und gut gelegen ist nicht nur eine unterhaltsame Demonstration von Film im FIlm. Sehr gepflegt und gut gelegen behandelt ein viel breiteres Thema mit Ironie und Nonkonformität durch eine ungewöhnliche und innovative Inszenierung. Die große Villa, in der der Kurzfilm spielt, repräsentiert die bürgerliche Welt mit ihrer scheinbaren Perfektion. Wie der Titel schon sagt, ist alles in Ordnung und tadellos. Diese entfremdende Ruhe wird jedoch bald durch das Auftauchen des Menschen und vor allem des Kinos selbst zerstört. Und es ist gerade die Filmkunst, die mit ihrem aufmerksamen Blick und ihren Kameras, die bereit sind, jedes Detail aufzunehmen, diese extrem „künstliche“ und oft heuchlerische Welt zerstört. Die Filmkunst – wie auch Kunst im Allgemeinen – hat dies schon immer getan, indem sie ihre gewöhnlichsten Aspekte hervorgehoben und oft lächerlich gemacht hat.
In ihrem Film Sehr gepflegt und gut gelegen haben die beiden Regisseure all dies auf eine völlig konzeptuelle und originelle Weise inszeniert und einen äußerst feinen und intelligenten Film geschaffen. Ein Film, der sich auf das Wesentliche konzentriert, der ein präzises Konzept ohne übermäßige Virtuosität zum Ausdruck bringt und der uns gleichzeitig überrascht, verwirrt und zum Lachen bringt. Einmal mehr zeigt die Filmkunst ihr ganzes Potenzial. Und oft braucht es dazu nicht einmal Worte. Wenige wichtige Minuten sprechen für sich selbst.
Titel: Sehr gepflegt und gut gelegen
Regie: Lukas Marxt, Jakub Vrba
Land/Jahr: Österreich / 2021
Laufzeit: 10’
Genre: Experimentalfilm
Buch: Lukas Marxt, Jakub Vrba
Kamera: Lukas Marxt, Jakub Vrba
Produktion: Lukas Marxt, Jakub Vrba