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von Nikolaus Leytner
Note: 6
Surreal, grotesk, aber auch zärtlich und etwas naiv, ist Drei Herren sicher kein perfekter Spielfilm. Doch je näher wir dem Finale kommen, desto komplexer und vielschichtiger ist jede einzelne Figur, als es auf den ersten Blick erscheinen mag.
Endlich frei?
Eine kleine Stadt in Niederösterreich, in der nie etwas Besonderes passiert. Drei bizarre Herren, die sich dort zufällig wiederfinden und die das Leben der Einheimischen für immer verändern werden. Drei geheimnisvolle Vergangenheiten und eine Gegenwart, die einfach gelebt werden muss. Es ist die Geschichte von Herrn Dölken (gespielt von Karl Merkatz), Herrn Ivo (Karl Markovics) und Herrn Sichel (Ottfried Fischer), drei Patienten einer psychiatrischen Klinik, die zu einem Ausflug aufs Land aufbrechen, sich aber nach einem plötzlichen Anfall ihres Fahrers zunächst ziellos im besagten Landdorf herumtreiben. Sie sind die Protagonisten der grotesken Komödie Drei Herren, die 1998 unter der Regie von Nikolaus Leytner entstand und in Österreich zum Kult geworden ist.
Surreal, bizarr, aber auch zärtlich und etwas naiv, ist Drei Herren sicher kein perfekter Spielfilm. Eine elementare Regie, die dem Werk einen fast fernsehähnlichen Charakter verleiht, und ein Drehbuch, das auf den ersten Blick allzu simpel und manchmal banal erscheint, sind die ersten Elemente, die auffallen. Und trotz allem entpuppt sich jede Figur, je näher man dem Finale kommt, als viel tiefgründiger, viel komplexer und vielschichtiger, als es zunächst scheint. Und so werden eine willkommene Lyrik und eine gewisse Zärtlichkeit fast zu den absoluten Protagonisten.
Herr Dölken leidet seit Jahren unter Schlaflosigkeit, und um sein Problem in den Griff zu bekommen, ist er selbst zu einer Art Schlafforscher geworden. Herr Ivo spricht kaum Deutsch, träumt davon, ganz Europa zu bereisen und hat immer ein Glas mit einem Goldfisch dabei. Vor vielen Jahren starben seine Frau und seine Kinder bei einem Autounfall. Herr Sichel spricht nie, ist immer hungrig und über seine Vergangenheit ist wenig bekannt. Mit ihrer scheinbar unbeschwerten Haltung scheinen die drei Protagonisten sich nicht allzu viele Fragen über sich selbst und ihr Leben zu stellen. Doch nach und nach entpuppt sich jeder von ihnen als äußerst verwundbar und zärtlichkeitsbedürftig. Jeder von ihnen wird schließlich finden, was er braucht, um mit seiner Vergangenheit Frieden zu schließen. Oder nicht?
Nikolaus Leytner liebt seine Protagonisten. Das merkt man sofort. Es liegt an ihnen – und am Talent der Schauspieler -, dass Drei Herren ein unvergesslicher Film wird. Unvergesslich deshalb, weil sich viele Menschen auch nach Jahren noch mit Zärtlichkeit daran erinnern und ihn immer wieder mit Vergnügen ansehen.
Schweine laufen auf zwei Beinen, Goldfische schwimmen frei in einem Bach, um dann in ein enges Gefäß zurückzukehren, eine alte Frau ist überzeugt, dass ihr Sohn nach vielen Jahren endlich aus dem Krieg zurückgekehrt ist, und ein Mädchen, das immer als Prostituierte gearbeitet hat, verliebt sich wahnsinnig. In Drei Herren ist alles möglich, und oft geschieht es auf eine künstliche, eher unbeholfene Weise. Aber das ist nicht wichtig. Eine zeitlose Geschichte, eine willkommene Leichtigkeit und groteske Charaktere kamen beim Publikum gut an. Nikolaus Leytner hat sich wieder einmal als äußerst vielseitiger Regisseur erwiesen und sich mit Drei Herren definitiv einen Namen in der österreichischen Filmszene gemacht.
Titel: Drei Herren
Regie: Nikolaus Leytner
Land/Jahr: Österreich, Deutschland / 1998
Laufzeit: 90’
Genre: Filmkomödie, Groteskfilm
Cast: Karl Merkatz, Karl Markovics, Ottfried Fischer, Regina Fritsch, Erni Mangold, Franz Buchrieser, Peter Faerber, Dietmar Mössmer, Johannes Silberschneider, Uwe Schweiger, Jaromir Borek, Johann Lurf, Klaus Ofczarek, Hermann Scheidleder, Herbert Pendl, Werner Wultsch, Andreas Kunze, Martin Heesch
Buch: Nikolaus Leytner, Max Linder
Kamera: Hans Selikovsky
Produktion: Allegro Film, Home Run Pictures