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von Kathrin Steinbacher
Note: 7.5
The Woman who Turned into a Castle ist eine farbenfrohe und verwirrende Reise in die Gedankenwelt seiner Protagonistin: Eine Frau, die nicht mehr jung ist und sich plötzlich wie ein kleines Mädchen fühlt. Die Welt um sie herum beginnt, die unterschiedlichsten Formen anzunehmen. Und um diese bizarre Welt zu inszenieren, hat sich Kathrin Steinbacher von den großen Künstlern der Vergangenheit inspirieren lassen.
Bunte Illusionen
Die Künstlerin und Animatorin Kathrin Steinbacher ist zweifelsohne ein vielversprechender Name in der österreichischen Filmszene. Während sich die junge Filmemacherin bereits mit ihren Illustrationen einen Namen gemacht hat, hat sie uns mit ihren ersten kurzen Animationsfilmen ebenso angenehm überrascht. Im Mittelpunkt stehen die menschliche Psyche, verschiedene Kulturen und komplexe Frauenfiguren. Das gilt zum Beispiel auch für den Kurzfilm The Woman who turned into a Castle aus dem Jahr 2018. Schauen wir uns einmal genauer an, worum es dabei geht.
Eine siebenundsechzigjährige Frau leidet an Encephalitis Lethargica, einer schweren Schlafstörung. Der Arzt Oliver Sacks experimentiert mit ihr mit einer neuen Behandlungsmethode, die den Einsatz von Drogen beinhaltet. Was wird in den Köpfen der Patientin vorgehen? Verzerrte Geräusche, Lichter und Farben werden zu den Protagonisten auf der Leinwand.
The Woman who Turned into a Castle ist eine farbenfrohe und verwirrende Reise in die Gedankenwelt seiner Protagonistin: Einer Frau, die nicht mehr jung ist und sich plötzlich wie ein kleines Mädchen fühlt. Und so beginnt die Welt um sie herum die unterschiedlichsten Formen anzunehmen, während ihre Off-Stimme ihre Gefühle beschreibt. Und um diese bizarre Welt zu inszenieren, ließ sich Kathrin Steinbacher von den großen Künstlern der Vergangenheit inspirieren.
Mit Bleistift gezeichnete Silhouetten von menschlichen Körpern in Schwarz-Weiß, die im Begriff sind, einen Tanz zu beginnen, wechseln sich ab mit Momenten, die frei aus Gemälden von Van Gogh, Chagall, Toulouse-Lautrec, Klimt und Munch entnommen sind. Die Umgebungen verändern sich ständig, ebenso wie die Figuren selbst. Alles ist rigoros zweidimensional und erinnert fast an französische Animationsfilme. Aber es geht in der Tat in eine andere Richtung. Die Protagonistin weiß nicht, was um sie herum geschieht. Sie entdeckt mit uns viele neue Realitäten, viele neue Welten. Welten, in denen wir uns desorientiert fühlen, in denen verzerrte Geräusche fast als Kontrapunkt zur Flüssigkeit der Bilder wirken. Die menschliche Psyche wird zum absoluten Protagonisten. Eine Frau zeigt sich mit all ihren Schwächen.
Kathrin Steinbacher war schon immer von solchen Realitäten fasziniert. Was für das Auge nicht sichtbar ist, erwacht auf der Leinwand auf magische Weise zum Leben. Ebenso werden Geschichten über Frauen in komplizierten Situationen, die nur wenige Menschen kennen, mit einem sorgfältigen, reifen und außerordentlich sensiblen Blick analysiert und inszeniert, der gleichzeitig gekonnt jede Rhetorik vermeidet und den Werken eine willkommene Leichtigkeit verleiht. Dies ist zum Beispiel bei In her Boots (2019) der Fall, ebenso wie bei The Woman who turned into a Castle. Zwei Kurzfilme, die unterschiedliche Situationen schildern, die aber viel mehr gemeinsam haben, als es auf den ersten Blick scheint.
Kathrin Steinbacher ist noch sehr jung, hat sich aber mit ihrem persönlichen Stil bereits einen Namen gemacht. Sie ist eine angenehme Überraschung in der österreichischen Filmszene und vor allem im Bereich Animationsfilm. Jetzt können wir nur noch auf einen zukünftigen Spielfilm von ihr warten.
Titel: The Woman who turned into a Castle
Regie: Kathrin Steinbacher
Land/Jahr: Großbritannien, Österreich / 2018
Laufzeit: 4’
Genre: Animationsfilm
Buch: Kathrin Steinbacher
Kamera: Kathrin Steinbacher
Produktion: Kathrin Steinbacher,Royal College of Art London