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von Hans Broich
Note: 7.5
In Highfalutin wirken die Geschichten der Protagonisten fast wie ein nostalgischer Bewusstseinsstrom. Ein Bewusstseinsstrom, der unsere Aufmerksamkeit von den ersten Minuten an fesselt und uns sofort das Gefühl vermittelt, Teil der Geschichte zu sein. Und so wird der großartige Volker Spengler für uns sofort zu einer vertrauten Figur. Eine Art alter Freund, an den man sich sofort hängt. Bei der Diagonale’21.
Der sanfte Riese
Laut dem Cambridge Dictionary bedeutet das Adjektiv „highfalutin“ „versuchen, wichtig zu erscheinen, ohne einen Grund zu haben, es zu sein.“ Highfalutin ist aber auch der Titel eines zarten und intimen Dokumentarfilms des jungen Regisseurs Hans Broich, der bei der Diagonale 2021 uraufgeführt wurde. Eine Dokumentation, die dem legendären deutschen Schauspieler Volker Spengler gewidmet ist, der 2020 von uns gegangen ist.
Zu Volker Spengler hatte Hans Broich von Anfang an eine besondere Beziehung: Spengler riet der Mutter des Regisseurs, der Schauspielerin Margarita Broich, mehrmals zu einer Abtreibung, war dann aber, als Hans geboren wurde, der erste, der sie im Krankenhaus besuchte. Und so hat die Figur dieses manchmal schroffen, aber auch unglaublich liebevollen und großzügigen Mannes den jungen Regisseur schon immer fasziniert. Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten hatte Broich gerade die Filmschule begonnen und dieser Dokumentarfilm ist sein erstes wichtiges Werk. Highfalutin will also ein originelles und umfassendes Porträt eines der von Rainer Werner Fassbinder, von Volker Schlöndorff, von Christoph Schlingensief am meisten geliebten Schauspieler sein.
Eine Gruppe von Freunden sitzt an einem Tisch in einer Bierhalle in Berlin. Unter ihnen ist auch der junge Hans Broich. Während die Kamera sie filmt, trinken sie Bier, Kaffee, rauchen und plaudern miteinander, indem sie Anekdoten über ihren lieben Freund Volker Spengler erzählen. Nur selten sehen wir altes Filmmaterial, in dem der Schauspieler auftritt. Volker Spengler stößt erst später zu seinen Freunden. Aber aus ihren Erzählungen wissen wir schon vieles über ihn.
Highfalutin zeichnet sich also durch eine völlig originelle, aber höchst wirkungsvolle Mise-en-Scene aus. Die ganze Zeit konzentriert sich die Kamera auf Spenglers Freunde, auf ihre Gesichter, ihre Gesten, ihre Hände, auf den gemütlichen, verrauchten Raum, in dem sie sich befinden. Von Zeit zu Zeit lugt das Mikrofon vor der Kamera hervor. Die Magie des Kinos offenbart sich vor unseren Augen und schenkt uns wahre, aufrichtige, lebendige und pulsierende Bilder in ihrem normalen Alltag. Die Atmosphäre ist heiter, aber auch melancholisch. Durch die Worte kommt also das Bild des Schauspielers, seine Witze, seine Gewohnheiten und alle wichtigen Anekdoten über ihn heraus. Alles andere ist bei Highfalutin nicht nötig. Die Geschichten der Protagonisten wirken fast wie ein nostalgischer Bewusstseinstrom. Ein Bewusstseinsstrom, der unsere Aufmerksamkeit von den ersten Minuten an fesselt und uns das Gefühl gibt, sofort Teil der Geschichte zu sein. Und so wird der großartige Volker Spengler für uns sofort zu einer vertrauten Figur. Eine Art alter Freund, an den man sich sofort hängt. Ein starker und kräftiger Mann, der aber auch unglaublich zerbrechlich und sensibel ist. Eine wahre Säule der Filmgeschichte, die dank seiner Filme und dieser wertvollen Highfalutin für immer unsterblich sein wird.
Titel: Highfalutin
Regie: Hans Broich
Land/Jahr: Österreich, Deutschland / 2021
Laufzeit: 96’
Genre: Dokumentarfilm
Buch: Hans Broich
Kamera: Felix Leitner
Produktion: Tentakel Industries