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NORA GREGOR – DAS VERGESSENE GESICHT

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Geheimnisvoll und faszinierend, verkörpert Nora Gregor das perfekte Bild einer Diva des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, die es mit Charme und Eleganz schaffte, die Herzen von Millionen von Zuschauern zu gewinnen und wohlverdient in die Geschichte einzugehen.

Die geheimnisvolle Dame

Es gibt Figuren, die in der Vergangenheit eine große Bedeutung im kulturellen Bereich hatten. Bekannte Persönlichkeiten, die Zuschauer jeden Alters begeistern konnten. Charaktere, die trotz allem im Laufe der Jahre fast in Vergessenheit geraten sind oder, was noch schlimmer ist, ihre Tage ganz allein beendet haben. Eine dieser Figuren ist zweifellos die Schauspielerin Nora Gregor, eine vielseitige Film- und Theaterdarstellerin, mit einer steilen Karriere, die Ende der 1910er Jahre begann, aber aufgrund zahlreicher widriger Ereignisse zu früh endete.

Das Leben von Nora Gregor steht stellvertretend für das Leben all jener Künstler, die aufgrund des Krieges gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen und die aus diesem Grund auch schwerwiegende Folgen für ihre Karriere hinnehmen mussten. Die turbulente Geschichte dieser faszinierenden Schauspielerin ist immer noch von einer geheimnisvollen Aura umgeben.

Geboren am 3. Februar 1901 in Görz (das damals noch zu Österreich-Ungarn gehörte), zog Eleonora Hermina Gregor in sehr jungen Jahren mit ihrer Familie zunächst nach Klagenfurt, dann nach Graz, wo sie sofort begann, Schauspielunterricht zu nehmen, um ihren größten Traum zu verwirklichen. Ihr Debüt auf der Bühne ließ daher nicht lange auf sich warten und bereits 1918 – Gregor war damals erst siebzehn – hatte sie ihr erstes Engagement am Renaissancetheater in Wien. Dies war der Beginn einer besonders produktiven Zeit, in der sie am Raimundtheater, am Stadttheater und am Theater in der Josefstadt in Wien und ab 1925 auch am Deutschen Theater in Berlin unter der Leitung des Regisseurs Max Reinhardt engagiert war.

Während die Theaterwelt schon seit einiger Zeit auf sie aufmerksam geworden war, wurde auch die Filmwelt bald Teil des Lebens der Schauspielerin. 1920 erhielt sie ihre erste Filmrolle, als sie in Peter Paul Felner’s Film Leben um Leben mitwirkte. Trotz ihres großen Erfolges war sie jedoch noch nicht besonders bekannt. Das änderte sich jedoch 1924, als sie die Rolle der Prinzessin Zamikoff im Film Michael unter der Regie von Meister Carl Theodor Dreyer spielte. Und gerade die Rollen der eleganten Adeligen wurden im Laufe der Jahre zu Nora Gregors Spezialität. Bald begann sie im Ausland zu arbeiten, spielte in Berlin und sogar in den Vereinigten Staaten, bevor sie in ihre Heimat Österreich zurückkehrte und ab 1933 am Burgtheater auftrat.

Zu ihren bekanntesten Filmen gehören Jacques Feyders Olympia (1930), Der Geiger von Florenz (Paul Czinner, 1926), Was Frauen träumen (Regie: Geza von Bolvary, 1933, Drehbuch: Billy Wilder) und vor allem Jean Renoirs Meisterwerk Die Spielregel (1939), ihr wichtigster Film, in dem sie die Rolle der Adeligen Christine de la Cheyniest spielte.

Nora Gregors Erfolg begann jedoch gegen Ende der 1930er Jahre zu sinken. Nach der Scheidung von dem Pianisten und Dirigenten Mitjia Nikisch (1925 geheiratet) heiratete sie in zweiter Ehe den österreichischen Adeligen Ernst Rüdiger Starhemberg, mit dem sie nach dem Anschluss zunächst in die Schweiz, dann nach Frankreich und Argentinien emigrieren musste. Leider hielt auch diese Ehe nicht lange und es scheint, dass die Schauspielerin nach der Scheidung wegen der Arbeit ihres Ex-Mannes, dem ehemaligen Kommandanten der österreichischen paramilitärischen Einheit Heimwehr, Schwierigkeiten hatte, Jobs in Österreich und Deutschland zu finden.

Der letzte Spielfilm, in dem sie nach einer mehrjährigen Pause mitwirkte, war daher Le Moulin des Andes, der 1945 unter der Regie von Jacques Rémy in Chile gedreht wurde, wohin die Schauspielerin einige Zeit zuvor mit ihrem Sohn Heinrich (der später unter dem Künstlernamen Henry Gregor ebenfalls als Schauspieler erfolgreich sein sollte) emigriert war. Es war in Chile, wo Nora Gregor am 20. Januar 1949, nur zwei Wochen vor ihrem achtundvierzigsten Geburtstag, plötzlich starb. Offiziellen Quellen zufolge war die Todesursache ein Herzinfarkt, doch gleichzeitig glauben viele, dass die Schauspielerin Selbstmord begangen hat. Auf jeden Fall ist ihr vorzeitiger Tod immer noch geheimnisumwittert und trägt dazu bei, Gregors Charakter noch mysteriöser und faszinierender zu machen, das perfekte Bild einer Diva des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, die es mit Charme und Eleganz schaffte, die Herzen von Millionen von Zuschauern zu gewinnen und wohlverdient in die Geschichte einzugehen.

Info: Die Seite von Nora Gregor auf iMDb