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FRAU DOROTHYS BEKENNTNIS

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von Michael Curtiz

Note: 7.5

Obwohl dem breiten Publikum weniger bekannt, sticht Frau Dorothys Bekenntnis, bei dem Michael Curtiz (noch als Mihály Kertész) Regie führte, sofort durch seine außerordentliche Regieführung, intensive Nahaufnahmen und einen feinen Schnitt hervor, bei dem Irisblenden und Überblendungen dem Spielfilm einen sehr persönlichen Charakter verleihen.

Dorothys Geschichte

Viele von uns haben die Spielfilme von Michael Curtiz angeschaut und genossen, darunter Casablanca (1942), Robin Hood, König der Vagabunden (1938), aber auch Weiße Weihnachten (1954) und Prinzessin Olympia (1960), um nur einige zu nennen. Aber während dieser produktive Filmemacher schließlich internationalen Ruhm erlangte, als er in den Vereinigten Staaten ankam, begann seine Karriere während der Stummfilmzeit, zunächst in Ungarn (seinem Heimatland) und später auch in Österreich (als er noch unter dem Namen Mihály Kertész bekannt war). In dieser Zeit – also etwa ab Anfang der 1920er Jahre – drehte er Sodom und Gomorrah (1921), seinen damals wohl bekanntesten Spielfilm, und Frau Dorothys Bekenntnis, der im selben Jahr entstand und von der Sascha-Film produziert wurde.

Obwohl dem breiten Publikum weniger bekannt, fällt Frau Dorothys Bekenntnis sofort durch seine außergewöhnliche Regiearbeit, intensive Nahaufnahmen (vor allem des Gesichts der Protagonistin, gespielt von Lucy Doraine, Curtiz‘ damaliger Ehefrau) und einen feinen Schnitt auf, bei dem Irisblenden und Überblendungen dem Spielfilm einen sehr persönlichen Charakter verleihen.

Die junge Dorothy lebt bei einem recht wohlhabenden Onkel. Eines Tages wird das Mädchen bei einem Ausritt von einer Gruppe von Dieben überfallen. Auf ihrer Flucht wird sie von einem geheimnisvollen Herrn gerettet, der ihr bald darauf den Hof macht und sie im Haus ihres Onkels besucht. Doch die Dinge sind nicht so, wie sie scheinen, und die Wahrheit kann oft sehr traurig sein.

Frau Dorothys Bekenntnis besteht daher fast ausschließlich aus einer langen Rückblende, die damit beginnt, als die junge Protagonistin der Polizei ihre Version der Ereignisse erzählt, nachdem sie des Mordes angeklagt wurde. Was ist aber die Wahrheit? Und vor allem, wie wird das endgültige Urteil ausfallen? Der Spielfilm wirkt daher wie eine Apologie der guten Gefühle, fast wie die unvergesslichen Meisterwerke von Frank Capra. Und auch wenn das Drama in diesem speziellen Fall nur die Protagonistin betrifft und keine Anspielung oder Kritik an der damaligen Gesellschaft übt, nimmt die Geschichte, die extrem einfach und linear ist, sofort universelle Konnotationen an und ist somit immer zeitgemäß.

Armut und Reichtum bilden hier ein gutes Binom, das am besten durch die Inneneinrichtung des Hauses des Onkels der Protagonistin und die der Frau, nachdem sie beschlossen hat, ihren Mann zu verlassen, wiedergegeben wird. Ein willkommener Noir-Charakter stellt zweifelsohne einen Mehrwert dar. Landschaften, mal verschneit, mal sonnig, sind die perfekte Kulisse für das Drama der Protagonistin. Ebenso erinnert die verschneite Stadt, in der die Schlussszenen spielen, an einen Weihnachtsklassiker von Charles Dickens, dank eines Happy Ends, das nie banal ist und zumindest für ein paar Minuten ein wenig den Vertrauen in die Menschheit wiederherzustellen vermag. Und Michael Curtiz war immer auf jedes Detail bedacht. Selbst dann, wenn er sich an strenge Produktionsregeln halten musste, wie es in jenen Jahren in Österreich der Fall war, als – noch vor dem Beginn der glorreichen Ära des Wiener Films – Melodramen und Epos-Filme bevorzugt wurden, so wie es inzwischen auch im nahen Italien der Fall war.

Das gilt für viele Filme, die zwischen den 1910er und 1920er Jahren entstanden sind, so auch für Frau Dorothys Bekenntnis, das ein Talent offenbarte, das bald in aller Welt von sich reden machen sollte.

Titel: Frau Dorothys Bekenntnis
Regie: Michael Curtiz
Land/Jahr: Österreich / 1921
Laufzeit: 62’
Genre: Drama
Cast: Lucy Doraine, Alphons Fryland, Otto Treßler, Kurt von Lessen, Harry De Loon
Buch: Michael Curtiz
Kamera: Gustav Ucicky, Nikolaus Farkas, Eduard von Borsody
Produktion: Sascha-Film

Info: Die Seite von Frau Dorothys Bekenntnis auf iMDb