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MARIA LASSNIG – KÖRPER, GESICHTER, FARBEN

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Es war die Malerin und Filmemacherin Maria Lassnig, die die Theorie des „Körperempfindens“ prägte. In ihren Gemälden – wie auch in ihren Filmen – erscheinen die menschlichen Figuren – viele von ihnen Selbstporträts – oft unvollständig, in manchmal unnatürlichen Posen und repräsentieren perfekt die Gesellschaft der Zeit, die ständig beobachtet und kritisiert wird. Ihre Wut gegen den Materialismus und ein ausgeprägter Feminismus sind somit der rote Faden, der sich durch ihre Werke zieht.

Der Körper als Gefängnis

Farbenfroh, mit abstrakten Formen und überwiegend Pastellfarben. Die menschlichen Körper in den Gemälden von Maria Lassnig haben einen unverwechselbaren Charakter. Und sie, die heute als eine der bedeutendsten österreichischen Künstlerinnen des letzten Jahrhunderts gilt, hat, inspiriert von künstlerischen Bewegungen wie dem Expressionismus, dem Wiener Aktionismus, dem Kubismus und dem Surrealismus, etwas ganz Persönliches und Einzigartiges geschaffen, das viele andere Künstler inspiriert und gleichzeitig einen wertvollen Beitrag zur Filmwelt geleistet hat.

Geboren am 8. September 1919 in Kappel am Krappfeld, Kärnten, war Maria Lassnig ein uneheliches Kind und nur wenige Jahre später heiratete ihre Mutter einen viel älteren Mann, zu dem sie immer eine problematische Beziehung hatte. Aus diesem Grund wuchs Maria hauptsächlich bei ihrer Großmutter auf, zu der sie zeitlebens eine besondere Bindung pflegte.

Nach dem Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien während des Zweiten Weltkriegs wurde Maria sofort Teil der Kunstbewegung Hundsgruppe, die vom Aktionismus und Expressionismus inspiriert war und der Künstler wie Arnulf Rainer, Ernst Fuchs, Anton Lehmden, Wolfgang Hollegha und Arik Brauer angehörten. Doch vor allem im Ausland fand sie die wichtigsten Ideen, die ihre Kunst zu dem machen sollten, was wir heute kennen.

Nachdem sie zunächst nach Paris gezogen war – wo sie Persönlichkeiten wie André Breton, Benjamin Péret und Paul Celan kennenlernte -, begann Maria bereits, sich von der überwiegend abstrakten Malerei, mit der sie sich zu Beginn ihrer Karriere auseinandergesetzt hatte, zu lösen: Nun nahmen ihre Bilder zunehmend „vertraute“ Formen an. Nun endlich begann der menschliche Körper, der zu einer wahren Säule ihrer Werke werden sollte, sich in all seinen vielfältigen und bunten Formen zu zeigen.

Es war Maria Lassnig selbst, die die Theorie des „Körperempfindens“ prägte. In ihren Gemälden erscheinen die menschlichen Figuren – oft Selbstporträts – oft unvollständig, in manchmal unnatürlichen Posen, und repräsentieren perfekt die Gesellschaft der Zeit, die Lassnig selbst ständig beobachtet und kritisiert hat. Ihre Wut gegen den Materialismus und ein ausgeprägter Feminismus sind daher der rote Faden, der sich durch ihre Werke zieht. Wie sie selbst oft erklärt hat, wurden bei der Arbeit an einem Gemälde die Körperteile dargestellt, die sie in diesem Moment am „lebendigsten“ empfand. Und so sind die Körper oft ohne Arme und Beine, oder auch nur knapp skizziert. Auch die Pastellfarben, die sich oft stark von den Farben eines menschlichen Körpers unterscheiden, bilden den richtigen Kontrapunkt zu dem ständigen Gefühl von Tod und Klaustrophobie, das alle Werke der Kärntner Malerin durchdringt. Der Körper und sein ständiges Werden, ihr eigenes Bild, innere Qualen und die Schwierigkeit, sich in einer zynischen, chauvinistischen und konsumorientierten Gesellschaft zurechtzufinden, sind auch die Hauptthemen von Maria Lassnigs Filmografie, die hauptsächlich aus experimentellen Kurzfilmen besteht, die oft mit Stop-Motion-Animationen ihrer eigenen Bilder gemacht sind.

1968 in New York angekommen – wo sie bis 1980 bleiben sollte – näherte sich Maria Lassnig zum ersten Mal der Filmwelt und studierte von 1970 bis 1972 Animation an der School of Visual Arts. Der Kurzfilm Baroque Statues, der in Live-Action gedreht wurde, aber perfekt auf ihre Gemälde abgestimmt ist, stammt aus dem Jahr 1970. Und während dieser Regieansatz auch bei Iris beibehalten wurde, begann Lassnig im folgenden Jahr mit Selfportrait, sich fast ausschließlich der Stop-Motion-Animation zu widmen. Von da an entstanden – neben weiteren Gemälden – zahlreiche weitere Kurzfilme bis zur Entstehung von Maria Lassnig Kantate im Jahr 1992, ihrem wohl bekanntesten und persönlichsten Film.

Ihre Karriere dauerte viele, viele Jahre, zahlreiche Ausstellungen fanden in der ganzen Welt statt und schließlich wurde Maria 1980 Professorin an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien und hatte den Lehrstuhl bis 1997 inne, als sie erstmals ein Buch mit ihren Zeichnungen unter dem Titel Die Feder ist die Schwester des Pinsels veröffentlichte.

Viele bemerkten ihr Talent. Und im Laufe ihres Lebens erhielt Lassnig auch viele wichtige Auszeichnungen, darunter 1988 den Großen Österreichischen Staatspreis für Bildende Kunst und 2013 – ein Jahr vor ihrem Tod – den Goldenen Löwen für ihr Lebensleistung bei der 55. Biennale von Venedig.

Heutzutage gibt es noch mehrere Ausstellungen, die ihr gewidmet sind. Vor allem die Albertina in Wien besitzt eine beträchtliche Anzahl ihrer Gemälde. Ihre sich ständig verändernden Körper – die auch als eine Art Gefängnis gesehen werden – und das tiefe Selbstbewusstsein, das sich in ihren Werken zeigt, haben die Malerin wohlverdient unsterblich gemacht. Und auch heute noch, wenn wir zufällig eine Ausstellung irgendeines zeitgenössischen Malers besuchen, passiert es oft, dass wir in seinen Gemälden einige typische Merkmale der Werke von Maria Lassnig erkennen können. Ihr künstlerischer Beitrag, ihr feministischer Kampf und ihre kontinuierliche Forschung über den menschlichen Körper und seinen Platz in der Gesellschaft stellen eine notwendige Etappe in der Kunstgeschichte des letzten Jahrhunderts dar.

Info: Die Seite von Maria Lassnig auf iMDb