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AUSTRIA2AUSTRALIA

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von Andreas Buciuman und Dominik Bochis

Note: 5.5

Der Dokumentarfilm Austria2Australia verliert durch einen zu selektiven Schnitt – zusammen mit der ständigen Musik, die dem Ganzen einen fast fernsehartigen Charakter verleiht – stark an Persönlichkeit. Trotz seiner vielen Potenziale.

Auf zwei Rädern unterwegs

Es gibt Reisen, an die man sich für immer erinnern wird. Reisen, die das Leben für immer verändern. Und die Reise, die die jungen Filmemacher Andreas Buciuman und Dominik Bochis unternommen und in dem Dokumentarfilm Austria2Australia – 2020 fertiggestellt und in den Kinos veröffentlicht – dokumentiert haben, ist sicherlich eine davon. Was könnte so besonders an dieser Reise sein? Ganz einfach: Aufgrund ihrer großen Leidenschaft für das Radfahren beschlossen die beiden jungen Männer, mit dem Fahrrad von Österreich – ausgehend von einem kleinen Dorf bei Linz – bis nach Australien zu reisen. Rund 18.000 Kilometer, neunzehn durchquerte Länder und eine elfmonatige Reise.

Ein Unterfangen, das zweifellos bemerkenswert ist. Und tatsächlich haben es die beiden Jungs während ihrer oft komplizierten Reise geschafft, über die Sozialen Netzwerke eine gute Anzahl von Followern anzuziehen, bis hin zu dem Punkt, dass sie sogar auf Flughäfen erkannt wurden oder kurzzeitig von einer Gruppe von ebenso begeisterten Radfahrern begleitet wurden. So wie es im berühmten Forrest Gump mit einer großen Gruppe von Läufern geschah.

Das Interessanteste an Austria2Australia ist – oder wäre – aber gerade die Leistung der beiden Regisseure, ihr temporäres Leben als Nomaden, die zahlreichen Begegnungen mit Menschen und unterschiedlichen Kulturen, mit all den Problemen und schönen Überraschungen, die eine solche Situation mit sich bringen kann.

Man merkt sofort, wie viel Potenzial ein Film wie Austria2Australia haben kann. Das Knifflige daran ist jedoch zu wissen, wie man es am besten handhabt. Und angesichts der besonderen Geschichte, die hier erzählt wird, muss man sich zunächst fragen, wie der Zuschauer diese besondere Erfahrung erleben möchte. Das Ideal wäre natürlich, dass man dank eines extrem realistischen Regieansatzes den Eindruck hat, es selbst zu erleben. Und hier treten die ersten Probleme auf.

Angesichts der vielen Stunden an Filmmaterial ist es vor allem der Schnitt, der dem Film seinen Charakter verleiht. Bei Austria2Australia ist aber gerade die Postproduktion besonders problematisch. Zweifelsohne ist ein dynamischer und adrenalingeladener Schnitt eine gute Lösung und passt perfekt zu dem, was erzählt wird. Das Gleiche gilt für eine willkommene Ironie, die den Geist der beiden Jungs, ihre Energie und ihr junges Alter voll widerspiegelt. Doch angesichts des starken Potenzials der Geschichte verliert der Dokumentarfilm durch den allzu selektiven Schnitt – zusammen mit der ständigen Musik, die dem Ganzen einen fast fernsehartigen Charakter verleiht – seine Persönlichkeit.

Gerne würden wir die beiden noch länger begleiten, bei ihren einzigartigen Begegnungen in fremden Ländern. Genauso wie wir das Wesen der verschiedenen Kulturen noch besser wahrnehmen möchten. Doch hier geht alles schnell. Zu schnell. So schnell, dass nicht einmal die spannungsgeladenen Momente für die nötige Suspense sorgen können, wie zum Beispiel, als Dominik wegen einer Knieentzündung ins Krankenhaus muss oder als die beiden gezwungen sind, ein Flugzeug zu nehmen, um von Nepal nach Thailand zu kommen, da sie nicht über Singapur fahren können.

Und so denken wir sofort an Andreas Horvaths fesselnden Lillian (2019). Auch hier wurde – wenn auch in einem Spielfilm – die Wanderschaft einer jungen Frau durch ein riesiges Territorium wie die Vereinigten Staaten inszeniert. Auch hier war ihr Weg mit Gefahren behaftet. Auch hier wurde das nomadische Leben in all seinen Facetten dargestellt. Doch in diesem Fall wurde der Zuschauer fast Teil der Geschichte, ging mit Lillian, hungerte mit ihr, litt mit ihr. Und Andreas Horvaths Vergangenheit als Dokumentarfilmer hat zweifelsohne zum effektiven Realismus beigetragen.

Was Austria2Australia betrifft, so ist die Situation völlig anders. Und gerade weil es ein Dokumentarfilm ist, würde man mehr Realismus erwarten. Die Geschichte spricht nicht immer für sich selbst. Das fachkundige Auge eines Regisseurs ist notwendiger denn je. Und doch haben Andreas Buciuman und Dominik Bochis noch einen weiten Weg vor sich (vor allem im Filmbereich). Aber vielleicht werden sie uns in Zukunft viele schöne Überraschungen bereiten.

Titel: Austria2Australia
Regie: Andreas Buciuman, Dominik Bochis
Land/Jahr: Österreich / 2020
Laufzeit: 88’
Genre: Dokumentarfilm, Abenteuerfilm
Buch: Andreas Buciuman, Dominik Bochis
Kamera: Andreas Buciuman, Dominik Bochis
Produktion: Aichholzer Filmproduktion

Info: Die Webseite von Austria2Australia; Die Seite von Austria2Australia auf iMDb