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von Wolfram Paulus
Note: 8
Inspiriert vom Kino von Robert Bresson – mit Laiendarstellern und einer starken Anklage gegen die Gesellschaft – hat Wolfram Paulus einen Spielfilm gedreht, in dem die weiten Räume – insbesondere die unermesslichen Schneeweiten des Salzburger Landes – ein starkes Gefühl der Agoraphobie vermitteln, ebenso wie das Gefühl der Klaustrophobie in den Innenräumen.
In den Bergen des Salzburger Landes
Es gibt Fakten über einen der dramatischsten Kriege der letzten Jahre – den Zweiten Weltkrieg -, die den meisten Menschen heute noch fast unbekannt sind. Nur wenige kennen zum Beispiel die so genannten Heidenlöcher, spezielle Verstecke in den Hohlräumen einiger Berge, in die sich Deserteure während des Krieges flüchteten. Niemand – mit Ausnahme einiger weniger Personen oder Familienmitglieder der Flüchtlinge selbst – wusste, dass sich die besagten Deserteure in ihren Häusern versteckten. Und das hätte durchaus gefährliche Folgen haben können.
Der verstorbene Regisseur Wolfram Paulus thematisierte diese einzigartigen Realitäten in seinem Debütfilm Heidenlöcher, der 1986 im Wettbewerb der Berlinale gezeigt wurde und einer der ersten österreichischen Filme ist, die um den begehrten Goldenen Bären konkurriert haben.
Heidenlöcher erzählt die Geschichte des Deserteurs Santner, der während des Krieges im Salzburger Ellmautal Zuflucht gefunden hat. Keiner im Dorf weiß von seiner Anwesenheit, außer seinem Sohn Ruap, dem Jäger Dürlinger und dessen Frau. Gleichzeitig setzen Soldaten und Bauern ihr erzwungenes Zusammenleben fort, während sich langsam herumspricht, dass sich ein Deserteur in der Nähe befinden könnte.
Inspiriert vom Kino des Robert Bresson – mit Laiendarstellern und einer starken Anklage gegen die Gesellschaft – hat Wolfram Paulus einen Spielfilm gedreht, in dem die weiten Räume – vor allem die unermesslichen Schneeweiten des Salzburger Landes – ein starkes Gefühl der Agoraphobie vermitteln, ebenso wie das Gefühl der Klaustrophobie in den Innenräumen, sowohl in den Wirtshäusern, in denen sich die Dorfbewohner und Soldaten treffen, als auch in den von Santner gewählten Verstecken.
Lange Stille ist fast die absolute Protagonistin in Heidenlöcher. Stille zusammen mit einer Art von Unkommunizierbarkeit unter den Charakteren, noch unterstrichen durch die unterschiedliche Herkunft einiger Soldaten, die gezwungen sind, unter demselben Dach zu leben. Und all dies bezeichnet ein tiefes Gefühl der Einsamkeit, um das sich der gesamte Spielfilm entwickelt.
Die freie Natur, aber auch Details von Utensilien und Gegenständen in der Wohnung und kleine Rituale des Alltags stehen im Fokus von Wolfram Paulus‘ Kamera, die dank eines rudimentären Schwarz-Weiß eine Realität abbildet, die dem Regisseur sehr nahe ist. Eine Realität mit vielen möglichen Verwicklungen, innerhalb derer unvermeidliche Konflikte und Verrat erst am Ende „explodieren“. Eine Realität, in der es eine ziemlich klare Trennung zwischen Gut und Böse und eine Wunde gibt, die vielleicht nie aufhören wird zu bluten.
Wolfram Paulus hat keine Gelegenheit ausgelassen, seinen Schmerz durch einen Spielfilm, der scharf wie eine Rasierklinge ist und eine feige und omertöse Gesellschaft anprangert, herauszuschreien. So wie seinerzeit der großartige Robert Bresson, der immer ein Meister für den vielseitigen österreichischen Filmemacher gewesen ist.
Titel: Heidenlöcher
Regie: Wolfram Paulus
Land/Jahr: Österreich, Deutschland / 1986
Laufzeit: 98’
Genre: Drama, Kriegsfilm
Cast: Florian Pircher, Albert Paulus, Helmut Vogel, Matthias Aichhorn, Rolf Zacher, Claus-Dieter Reents, Maria Aichhorn, Gerta Rettenwender, Johanna Madej, Franz Hafner, Doris Kreer, Hubsi Aichhorn, Darius Polanski, Piotr Firackiewicz, Hans-Jörg Unterkrainer, Walter Oczlon
Buch: Wolfram Paulus
Kamera: Wolfgang Simon
Produktion: Bayerischer Rundfunk, Marwo-Film, Voiss Film