minderjaerige-klagen-an-1959-lubowski-kritik

MINDERJÄRIGE KLAGEN AN

      Keine Kommentare zu MINDERJÄRIGE KLAGEN AN

This post is also available in: Italiano (Italienisch) English (Englisch)

von Richard Lubowski

Note: 5.5

Auch wenn Minderjärige klagen an die Bedeutung von Harald Röbbelings exzellentem Asphalt beibehält (es handelt sich sogar um eine viel „abgeschwächtere“ Neubearbeitung davon), ist es ein viel schwächerer Film. Ebenso lassen bestimmte Regieentscheidungen die Glaubwürdigkeit des Films vermissen.

Das Schicksal der Jugendlichen

Der Spielfilm Minderjärige klagen an hat eine ganz besondere Geschichte. Und zur Erklärung seiner Entstehung kann man einfach sagen, dass es den Spielfilm – von Richard Lubowski 1959 gedreht – nie gegeben hätte, wenn nicht acht Jahre zuvor der Regisseur Harald Röbbeling den umstrittenen Asphalt gedreht hätte.

Tatsächlich ist Lubowskis Film eine Überarbeitung von Röbbelings vorherigem Spielfilm, der aufgrund seiner Themen und einiger expliziter Gewaltszenen viele Probleme mit der Zensur gehabt hat.

Nichtsdestotrotz war Asphalt ein äußerst interessanter Film und aus diesem Grund entschied man sich, ihn im Ausland zu vertreiben. So entstand Minderjärige klagen an, der etwa drei Viertel des bisherigen Asphalts enthält und fast ausschließlich für den Vertrieb in deutschen Kinos vorgesehen war. Doch in diesem Fall ist alles anders.

In fünf Episoden geht es um Jugendliche, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihren Platz in der Welt suchen: Erika arbeitet als Tänzerin in einem Nachtclub, um Geld zu verdienen, Walter beginnt zu stehlen, um seine Familie zu unterstützen, die schüchterne Gabriele weiß nicht, wie sie ihren Eltern sagen soll, dass sie schwanger ist, Karl wird ständig von allen gehänselt und die junge Helli wird von ihrer Mutter gezwungen, zu betteln, um Geld zu verdienen. Werden diese jungen Menschen jemals die Chance haben, eine bessere Zukunft zu erleben?

Dank des Schnitts, in den zwischen den Episoden die Geschichte einer jungen Redakteurin eingefügt wurde, die mit ihrem Chef über das Schicksal einiger Jugendlicher spricht, inszeniert Minderjärige klagen an eine hochdramatische Situation, vermittelt aber gleichzeitig ein gewisses Gefühl der Hoffnung.

Alles ist stark abgeschwächt in Minderjärige klagen an. Und selbst die Geschichten mit den brutalsten Wendungen erscheinen hier viel „akzeptabler“ (soweit man in solchen Situationen von Akzeptanz sprechen kann). Doch wie so oft, wenn es darum geht, ein nahezu perfektes Werk zu überarbeiten, gibt es einige Ungereimtheiten. Außerdem gehört das meiste Filmmaterial zu Röbbelings Film.

Schießereien, Selbstmordversuche oder sogar Hände, die Geldscheine in einem traurigen und schäbigen Nachtclub halten, gibt es hier nicht mehr. Und obwohl Minderjärige klagen an wie Asphalt die Lebensumstände mancher Jugendlicher in der Nachkriegszeit anprangern will, entpuppt er sich als ein deutlich schwächerer Film. Ein Film, der uns aufgrund bestimmter Regieentscheidungen auch insgesamt nicht sehr glaubwürdig erscheint.

Aber das sind die Konsequenzen einer starken Zensur. Und obwohl der Regieansatz (der vom italienischen Neorealismus inspiriert wurde) natürlich unverändert geblieben ist, funktioniert Lubowskis Film nicht immer und vermittelt dem Zuschauer ein störendes Gefühl der Unvollständigkeit. Mit neuem Filmmaterial hätte Richard Lubowski sicher etwas viel Besseres geschaffen. Schade.

Titel: Minderjärige klagen an
Regie: Richard Lubowski
Land/Jahr: Österreich, Deutschland / 1959
Laufzeit: 60’
Genre: Drama, Chorfilm
Cast: Johanna Matz, Viktor Gschmeidler, Milan von Kamare, Anni Korin, Helmut Krauss, Edith Meinel, Inge Novak, Hannes Schiel, Franz Bernd, Reinhold Siegert, Heinz Farda, Maria Eis, Oskar Hugelmann, Albert Strouhal, Ernst Waldbrunn, Otto Weinert, Elfriede Garden, Margarete Fries, Harry Hardt, Martin King, Kurt Vittek, Monika Sigmund, Otto Wögerer, Lilly Karoly, Edith Zogelmann, Elisabeth Epp, Curt Eilers, Heinrich Ortmayer, Helmut Janatsch, Hans Frank, Stella Kadmon, Erich Maria Schill, Rita Ballner, Theodor Grieg, Franz Herterich, Renée Krystufek
Buch: Harald Röbbeling, Richard Lubowski
Kamera: Walter Partsch
Produktion: Savoy

Info: Die Seite von Asphalt auf iMDb