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FRAUENARZT DR. SCHÄFER

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von Louise Kolm-Fleck und Jakob Fleck

Note: 7

Der Film Frauenartz Dr. Schäferscheut sich nicht, Tabuthemen anzusprechen und zeigt – wie schon oft in den Spielfilmen des Ehepaars Fleck – mit dem Finger auf eine heuchlerische und moralinsaure Gesellschaft. Bei der Viennale 2019, im Rahmen der Retrospektive, die Louise Kolm-Fleck gewidmet ist.

Ein renommierter Arzt

Der Filmemacherin Louise Kolm-Fleck wurde in den letzten Jahren nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. Und doch erwies sich diese bedeutende Pionierin des österreichischen Films – der anlässlich der Viennale 2019 eine vom Filmarchiv Austria kuratierte Retrospektive gewidmet ist – auch dann als besonders vorausschauend, als sie mit ihrem zweiten Ehemann Jakob Fleck nach Deutschland ausgebürgert wurde. Mit einem reiferen Regieansatz drehte die Filmemacherin hier wichtige, von der Hegewald Film produzierte Spielfilme, die sich ebenfalls mit sehr heißen Themen beschäftigen. Das gilt auch für den Spielfilm Frauenarzt Dr. Schäfer aus dem Jahr 1928, der bei der Viennale 2019 präsentiert worden ist.

Sorgte im Jahr darauf der Film Mädchen am Kreuz für Aufsehen, so war es bei Frauenarzt Dr. Schäfer. Hier wird die Geschichte eines jungen Arztes erzählt, der sich gegen die Konventionen der Zeit und gegen seinen eigenen Mentor immer für die Abtreibung eingesetzt hat. Da er sich jedoch in die Tochter seines Chefs verliebt hat, stößt er auf viele Schwierigkeiten, als er ihn um ihre Hand bittet.

Der Film Frauenarzt Dr. Schäfer scheut sich nicht, Tabuthemen anzusprechen und – wie schon oft in den Spielfilmen des Ehepaars Fleck – mit dem Finger auf eine heuchlerische und moralinsaure Gesellschaft zu zeigen.

Louise Kolm-Fleck und Jakob Fleck erwiesen sich als besonders kompetent im Umgang mit urkomischen Momenten – interessant in dieser Hinsicht die Figur des Cousins der Protagonistin, gespielt von einem hervorragenden Imre Raday – und dramatischen Momenten mit ausgesprochen unerwarteten Auswirkungen. Der Schauplatz ist die majestätische Stadt Berlin. Eine Stadt, die so scheinbar auf der Höhe der Zeit zu sein scheint, aber dennoch unglaublich rückständig ist. Und diese besondere Dichotomie ist auch in Bezug auf die Charakterisierung einiger Figuren (einschließlich des Vaters des Mädchens) vorhanden. Eine Dichotomie, die einer Welt angemessen ist, die sich langsam verändert.

Doch wenn man an die späteren Werke des Ehepaars Fleck denkt, hat der Film Frauenarzt Dr. Schäfer einige Schwächen. Das betrifft vor allem das Drehbuch, die schwachen Nebenhandlungen und ein zu schnelles Ende.

Dennoch müssen einige Bemerkungen gemacht werden: Aufgrund der behandelten Themen wurde Frauenarzt Dr. Schäfer leider stark zensiert. Und trotz einer sorgfältigen Restaurierung durch das Filmarchiv Austria kam der Film stark beschädigt zu uns, was seine zahlreichen Mängel erklärt. Um etwa zwanzig Minuten gekürzt, hatte der Film Frauenarzt Dr. Schäfer es nie einfach. Und auch wenn wir die Vollversion nicht ansehen können, ist es immer noch eine tolle Gelegenheit, ihn einfach anzuschauen. Noch besser, wenn in einem gemütlichen Kinosaal.

Titel: Frauenarzt Dr. Schäfer
Regie: Louise Kolm-Fleck, Jakob Fleck
Land/Jahr: Deutschland / 1928
Laufzeit: 86’
Genre: Drama
Cast: Leopold Kramer, Evelyn Holt, Ivan Petrovich, Agnes Petersen, Hans Albers, Imre Raday
Buch: Jane Bess
Kamera: Georg Muschner
Produktion: Hegewald Film

Info: Die Seite von Frauenarzt Dr. Schäfer auf iMDb; Die Seite von Frauenarzt Dr. Schäfer auf der Webseite vom Filmarchiv Austria