Little Joe (2019) von Jessica Hausner - Kritik

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von Jessica Hausner

Note: 7.5

Little Joe, der sechste Spielfilm der Regisseurin Jessica Hausner, lief im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes 2019 (wo Emily Beecham als beste weibliche Darstellerin ausgezeichnet wurde). Der Film ist ein intelligent mehrdeutiges und beunruhigendes Werk, das keine genauen Antworten auf die aufgeworfenen Fragen geben will und diese Mehrdeutigkeit zu seiner größten Stärke macht. Bei der Viennale 2019.

Die Glücksblume

Was würde in der Welt passieren, wenn etwas erfunden werden würde, das uns für immer glücklich machen könnte? Wäre es eine idyllische Situation oder würden zahlreiche Probleme auftreten? Jessica Hausner, eine der bekanntesten Regisseurinnen außerhalb der Landesgrenzen, hat mit dem Film Little Joe, der bereits im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes 2019 lief (wo die Schauspielerin Emily Beecham die Goldene Palme für die Beste Darstellerin erhielt) und bei der Viennale 2019 erneut gezeigt wurde, versucht, eine Antwort auf diese Frage zu geben.

Aber wer oder, besser gesagt, was ist eigentlich Little Joe? Little Joe ist einfach eine Blume. Eine Art Wunderblume, die den Menschen glücklich machen kann. Es handelt sich um ein Experiment, an dem Alice, eine Wissenschaftlerin und Mutter des heranwachsenden Joe, arbeitet. Sie wird jedoch bald feststellen, dass die von ihr geschaffene Pflanze seltsame Auswirkungen auf jeden hat, der mit ihr in Berührung kommt.

An einer guten Dosis Spannung mangelt es auch in diesem neuesten Werk von Hausner nicht. Und bei ihrer zweiten internationalen Produktion (die erste war der Spielfilm Lourdes – 2009 -, der teilweise in Frankreich gedreht wurde), ließ sich die Regisseurin von dem inspirieren, was in der Vergangenheit bereits gemacht wurde. Unmöglich, nicht an den Kultfilm Die Dämonischen (Don Siegel, 1956) zu denken, ebenso wie – im weiteren Sinne – an einen anderen Kultfilm: Die Nacht der lebenden Toten (George Romero, 1968). Aber in diesem Fall handelt es sich nicht um einen Horrorfilm, sondern um einen Science-Fiction-Spielfilm. Denn Jessica Hausner hat sich im Laufe ihrer langen und produktiven Karriere an praktisch allen Filmgenres versucht: am Coming-of-Age mit Flora (1995) und Lovely Rita (2001), am psychologischen Horror mit Hotel (2004), an der religiösen Satire mit Lourdes (2009) und am Kostümfilm mit Amour Fou (2014). Und bei dieser Gelegenheit hier „erkundet sie eine neue Welt“, in der sie uns ganz und gar wohl zu sein scheint.

Auch im Film Little Joe erkennt man Hausners unverkennbaren Stil, mit langsamen Plansequenzen, die sich mal auf die Figuren, mal auf die Umgebungen konzentrieren, mit hellen Farben (vor allem was die Blume „Little Joe“ betrifft) und mit perfekt symmetrischen Einstellungen. Und das Endergebnis ist auch dem Kameramann Martin Gschlacht zu verdanken, einem langjährigen Mitarbeiter von Hausner.

Unmöglich, beim Anschauen von Little Joe nicht auch an den Film Hotel zu denken. Vor allem in Bezug auf die Atmosphären und auf ein gutes Crescendo der Spannung, die die Regisseurin auf der ganzen Welt berühmt gemacht hat. Doch in diesem Film wirkt der Regieansatz weniger ausgeprägt, ja reifer. Little Joe ist ein mehrdeutiger Spielfilm, der keine präzisen Antworten auf die aufgeworfenen Fragen geben will und der diese Mehrdeutigkeit zu seiner größten Stärke macht.

Der einzige „Makel“, den man bei diesem Werk finden kann, ist also vielleicht eine gewisse Vorhersehbarkeit. Aber ist das wirklich ein Makel oder hat die Regisseurin vielleicht die einzig mögliche Lösung gewählt? Wahrscheinlich ist diese Frage ein Zeichen dafür, dass Jessica Hausners Absichten aufgegangen sind.