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WIE ICH LERNTE, BEI MIR SELBST KIND ZU SEIN

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von Rupert Henning

Note: 6.5

Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein von Rupert Henning ist ein Film, der wegen eines zu sehr fragmentierten Drehbuchs oft problematisch ist. Doch die Vitalität und das Charisma des jungen Valentin Hagg in der Hauptrolle sind eine Bereicherung für den gesamten Spielfilm.

Wie schwer ist es, Kind zu sein!

Es ist nicht leicht, Kind zu sein. Vor allem, wenn jeder dich ständig auffordert, dich wie ein Erwachsener zu verhalten. Oder, besser noch, für sie ein Erwachsener zu sein. So ergeht es dem jungen Paul Silberstein (der talentierte Valentin Hagg), Sohn einer adligen Familie. Er ist der Protagonist von Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein, dem zweiten Kinospielfilm vom Regisseur und Drehbuchautor Rupert Henning, basierend auf dem gleichnamigen Roman von André Heller.

Fluchtversuche aus dem verhassten Internat, strenge Schelte der Eltern: Paul kann seine Kindheit nie ausleben. Oder tut er das? Trotz der Welt um ihn herum, ist das Kind sehr kreativ und frühreif. Und da seine Kreativität ihn auf viele imaginäre Abenteuer führen wird, wird seine Fröhlichkeit jeden um ihn herum anstecken.

Im Hintergrund: Ein Österreich der späten 1950er Jahre. Seit einem der blutigsten Kriege der letzten Jahrzehnte ist nur wenig Zeit vergangen, aber der wirtschaftliche Aufschwung ist zum Greifen nah. Und doch gibt es diejenigen, die noch in der Vergangenheit feststecken. So auch Pauls strenger Vater (gespielt von Karl Markovics, den wir kürzlich in dem guten Horrorfilm The Dark gesehen haben). Der Mann, ein abgehalfterter Adliger, der sich immer noch einbildet, in der Innen- und Außendiplomatie etwas zu gelten, gibt ständig Befehle und verbringt seine Tage in seinem Zimmer, raucht flüssiges Opium und betrachtet Schwarz-Weiß-Bilder einer alten Liebe auf einer Projektionsleinwand (besonders eindrucksvoll ist die Szene seines Selbstmords, mit Verdis Requiem als Kontrapunkt).

Der einzige Trost für Paul ist seine Mutter (Sabine Timoteo). Die Frau ist gelangweilt von einem Leben, das sie nie wollte, aber stolz auf die Vitalität ihres Sohnes. Und dann ist da auch noch ein geheimnisvolles kleines Mädchen, in das sich der Bub sofort verliebt hat, als er sie aus einem der Fenster seines Internats reiten gesehen hat.

Und dann gibt es natürlich auch eine direkte Kritik an den Institutionen, an der Religion, an der klerikalen Welt, die unfähig ist, eine Erziehung zu vermitteln, die auf Respekt und Toleranz beruht, und an einer Gesellschaft, die unfähig ist der Fantasie nachzugeben. Eine Fantasie, die oft die einzige Möglichkeit ist, sich zu „retten“.

Zu viele Elemente auf einmal? Zweifelsohne ja. Und deshalb ist Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein ein Film, der unter einem allzu fragmentarischen Drehbuch leidet. Hennings lange Fernsehkarriere hat den gesamten Film beeinflusst, der eine oft künstliche Inszenierung hat. Abgesehen von ein paar interessanten Ideen. Doch die Vitalität und das Charisma des jungen Valentin Hagg sind eine Bereicherung für das Werk.

Rupert Henning (zusammen mit André Heller) offenbarte ein totales Misstrauen gegenüber der „Erwachsenenwelt“, aber mit seinem Film Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein zeigte er uns, dass nur die lebhafte Phantasie eines Kindes alle retten kann. Auch wenn alles verloren scheint. Das zeigen die stimmungsvollen, traumartigen Szenen, die fast an einen Film von Fellini erinnern. Sich von diesen bunten Bildern einlullen zu lassen, ist nicht schwer. Man muss einfach lernen, Kind zu sein.

Titel: Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein
Regie: Rupert Henning
Land/Jahr: Österreich / 2019
Laufzeit: 140’
Genre: Filmkomödie, Drama, Fantasyfilm, Coming-of-age
Cast: Valentin Hagg, Sabine Timoteo, Karl Markovics, André Wilms, Udo Samel
Buch: Uli Brée, Rupert Henning
Kamera: Josef Mittendorfer
Produktion: DOR FILM Produktion GmbH

Info: Die Seite von Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein auf der Webseite der Austrian Film Commission