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DER STILLE OZEAN

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von Xaver Schwarzenberger

Note: 7.5

Mit einem feinen Schwarz-Weiß, das an Katzelmacher (Rainer Werner Fassbinder, 1969) erinnert, ist Der stille Ozean – der Debütfilm von Xaver Schwarzenberger, Fassbinders eigenem Kameramann – ein Meilenstein im österreichischen und deutschen Film der 1980er Jahre.

Der Landarzt

1982 hat uns einer der größten Filmemacher der Filmgeschichte vorzeitig verlassen: Rainer Werner Fassbinder. Sein Verlust bedeutete viel für die Filmwelt und für all jene, die ihn näher kannten und mit ihm zusammengearbeitet haben. Darunter der Schauspieler Hanno Pöschl und der Kameramann Xaver Schwarzenberger, der im Jahr nach seinem Tod seine Karriere als Regisseur beginnen wollte. Also drehte er Der stille Ozean, nach dem gleichnamigen Roman von Gerhard Roth, in dem Hanno Pöschl die Hauptrolle spielte. Der Film wurde anschließend in das Programm der Diagonale 2019 aufgenommen – innerhalb der Reihe, die eben Pöschl gewidmet ist.

In einem eleganten Schwarz-Weiß, das an Katzelmacher (Fassbinder, 1969) erinnert, inszeniert Der stille Ozean die Geschichte von Ascher. Er ist ein Arzt, der in ein kleines Dorf in der Südsteiermark geschickt wurde, nachdem er zuvor einen schweren beruflichen Fehler begangen hatte. Dem Mann fällt es sofort schwer, sich an diese neue Realität anzupassen, und die Situation wird noch komplizierter, als ein mysteriöser Mord im Dorf verübt wird.

Ascher aus Der stille Ozean ist fast wie Jorgos aus Katzelmacher (gespielt von Fassbinder selbst). Beide sind von der Realität, in der sie leben, entfremdet, beide werden von der Gemeinschaft nie akzeptiert, beide erleben ein tiefes Unbehagen. Schwarzenberger wollte mit diesem Werk eine Art Parallelität zwischen der Filmografie seines Meisters und seiner eigenen Filmografie schaffen. Jede inszenierte Einsamkeit in einem fremden Land. Doch statt dem unvergesslichen Filmemacher nachzueifern, wollte Schwarzenberger ihm eine Hommage erweisen (wie eine einleitende Bildunterschrift bezeugt). Und, wie er selbst zugibt: „Dies ist kein Film von Fassbinder, sondern ein Film für Fassbinder.“

Bezüge auf Katzelmacher sind viel häufiger, als sie vielleicht scheinen. Dies zeigt sich in einem scheinbar ruhigen Ton, der ein starkes Gefühl der Entfremdung nur schlecht verbirgt, sowie in den Figuren der Männer und Frauen, die statisch von einer festen Kamera, mit einer Wand hinter ihnen, gefilmt wurden.

Doch trotz all dieser Bezüge hat Der stille Ozean eine starke Persönlichkeit. Das zeigt sich in einem guten Drehbuch sowie in Atmosphären, die die Idee eines Landes, das sich dem Neuen noch zu sehr verschließt, gut wiedergeben. Ein Land, in dem eine scheinbare Ruhe und eine müde Monotonie beunruhigende Geheimnisse verbergen.

Schwarzenberger bewies damit großes Talent und schenkte seinem Meister einen Film, der mit der Zeit zu einem Meilenstein des österreichischen und deutschen Films der 1980er Jahre wurde. Das ist der gekonnten Inszenierung zu verdanken, wie auch einem hervorragenden Hanno Pöschl. Eine kleine, kraftvolle Geschichte, die mit einer Lokomotive am Bahnhof beginnt und schließt. Und was wäre, wenn dies auch eine indirekte Hommage an die Ursprünge des Films wäre?

Titel: Der stille Ozean
Regie: Xaver Schwarzenberger
Land/Jahr: Österreich, Deutschland / 1983
Laufzeit: 95’
Genre: Drama
Cast: Hanno Pöschl, Bert Breit, Maria Emo, Marie-France Pisier, Bruno Dallansky, Hannes Thanheiser, Paula Loew, Maria Martina, Sepp Löwinger, Joe Hembus
Buch: Walter Kappacher, Gerhard Roth
Kamera: Xaver Schwarzenberger
Produktion: ORF, ZDF; Teamfilm Produktion

Info: Die Seite von Der stille Ozean auf Imdb